"Müssen jetzt aufarbeiten"
Warum er das nicht wolle? Andreas Hammerer überlegt kurz. Die Betonung auf dem Ehrenamt hat etwas von Personenkult. Und wenn uns der Nationalsozialismus etwas gezeigt hat, dann doch, dass Personenkult nichts ist, was es anzustreben gilt, konstatiert Hammerer. Gemeinsam mit Kurt Bereuter vom Kulturforum Bregenzerwald, Wolfgang Weber vom Vorarlberger Landesarchiv und anderen Helfern hat der Leiter des Heimat-Egg-Museums in den letzten Tagen und Wochen die neue Ausstellung NS-Euthanasie im Bregenzerwald gestaltet, die am Donnerstagabend eröffnet wird.
“Bedürfnis ist da”
Die Idee kam mir bei den beiden Veranstaltungen des Kulturforums Bregenzerwald zur NS-Euthanasie in Alberschwende und Lingenau. Die kontroversen Diskussionen waren Zeichen dafür, dass es hier im Bregenzerwald sehr wohl das Bedürfnis gibt, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, erzählt Hammerer. Dazu kam der aktuelle Aufhänger: das Gedenkjahr 2008. Naheliegend war es, im Heimat-Egg-Museum, dessen Leiter Hammerer seit einem knappen Jahr ist, eine Ausstellung zu organisieren und wir wollten die Schulen mit ins Boot holen, verrät er. Schüler der Hauptschulen Au, Alberschwende und Egg sowie des Gymnasiums Egg und des Sonderpädagogischen Zentrums Langenegg haben Teile der Ausstellung gestaltet. Im Zentrum des Interesses steht gewiss das Opferbuch fünf Schulklassen (insgesamt etwa 200 Schülerinnen und Schüler) haben in ihren Gemeinden die Geschichten von Euthanasie-Opfern recherchiert und jeweils eine Tafel gestaltet. Ziel ist, dass das Buch sich auf 24 Seiten ausdehnt eine Tafel für jede Bregenzerwälder Gemeinde, sagt Hammerer.
Neue Zugänge
Eindrücklich an der Arbeit mit den Schülern sei für ihn gewesen, dass viele erst durch dieses Projekt einen Bezug zur Geschichte herstellen konnten. Ich merke immer mehr, wie fremd der Nationalsozialismus und alles, was damit zusammen hängt, den Schülern von heute wird. Die Großeltern und Urgroßeltern, die die Zeit noch erlebt haben, sind in vielen Fällen schon verstorben. Da fehlt dann der Kontakt, verrät Andreas Hammerer. Durch die Arbeit an diesem Projekt sei den meisten erst bewusst geworden, dass es den Nationalsozialismus mitsamt Hitler-Jugend, Gauleitertum, Judenhass und Euthanasie auch hier gegeben hat. Vor allem mit der Euthanasie kann man Betroffenheit erzeugen und zum Nachdenken anregen, sagt er.
Keine Zeit zu warten
Zum Nachdenken anregen soll denn auch die Ausstellung und das umfassende Rahmenprogramm. Filme werden gezeigt, es gibt Lesungen, Präsentationen und nicht zuletzt stellen sich Zeitzeugen den Fragen der Besucher. Es ist wichtig, die Geschehnisse des Nationalsozialismus jetzt aufzuarbeiten. Je länger wir damit warten, desto weniger Zeitzeugen werden noch am Leben sein, so Andreas Hammerer.
ZUR PERSON
Andreas Hammerer
Beruf: Lehrer, Leiter Heimat-Egg-Museum
Geboren: 1966
Familie: verheiratet, drei Kinder
Laufbahn: Hauptschullehrer in Au seit 1990, nebenbei jahrelang ehrenamtlich an der Organisation des Heimat-Egg-Museums beteiligt, seit 2007 Leiter desselben