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Mörderischer Goldschmied: Staatsoper zeigt "Cardillac"

©APA
Am kommenden Sonntag hat die erste szenische Neuproduktion des neuen Direktors Dominique Meyer in der Wiener Staatsoper Premiere. Musikdirektor Franz Welser-Möst dirigiert die Hindemith-Oper "Cardillac".

Gewählt wurde keine der populären Opern, sondern ein hoch interessantes, aber eher sperriges Werk: Paul Hindemiths 1926 uraufgeführte dreiaktige Oper “Cardillac” basiert auf einer bekannten Erzählung von E.T.A. Hoffmann: “Das Fräulein von Scuderi” erzählt die fürchterliche Geschichte eines Goldschmieds, der sich von seinen Schmuckstücken nicht trennen kann und daher ihre Käufer ermordet. Am Pult steht der neue Musikdirektor der Staatsoper, Franz Welser-Möst. Es inszeniert Sven-Eric Bechtolf.

Das Duo Welser-Möst und Bechtolf war gegen Ende der Ära Ioan Holender gemeinsam für Wagners “Ring des Nibelungen” verantwortlich. Mit dem finnischen Bassbariton Juha Uusitalo in der Titelrolle ist auch einer der prägenden Sänger der Tetralogie in der Cardillac-Besetzung zu finden. Juliane Banse singt die Tochter des Goldschmieds, Herbert Lippert den von ihr geliebten Offizier, der nach Kauf einer Kette auch beinahe Opfer eines Mordanschlags wird. Tomasz Konieczny ist der Goldhändler, der schließlich Verdacht schöpft und Alarm schlägt. In der Ausstattung des Ehepaares Rolf und Marianne Glittenberg sind gespenstische, expressionistische Bilder zu erwarten.

Paul Hindemith und sein Librettist Ferdinand Lion haben aus “Das Fräulein von Scuderi”, das als einer der ersten Kriminalromane in die deutsche Literaturgeschichte eingegangen ist, allerdings keinen psychologischen Opernthriller, sondern ein vielschichtiges Werk über die Spannungsverhältnisse von Künstler und Werk, von Einsamkeit und Verlorenheit inmitten turbulenter Gesellschaft geschaffen. “Eine monströse Gestalt, mit einem gerüttelt Maß an nietzscheanischem Übermenschentum gewürzt”, nannte Regisseur Bechtolf im APA-Interview die Hauptfigur. “Aber die Figuren sind eben streng genommen keine psychologischen Figuren. Sie haben auch keine ‘Entwicklung’, sondern sind eher gleichnishaft, symbolisch und daher auch mechanistisch.”

Die Musik Hindemiths sei “eine sehr schlaue und manchmal auch ‘kopfige’ Musik”, “sperrig, nicht sehr eingängig”: “Hier werden typische Charaktere, typische Verhaltensweisen vorgezeigt, es geht um Kenntlichmachung, holzschnittartige Verdeutlichung. Wenn ich versuchen würde, das in psychologischen Naturalismus zu verwandeln, würde ich deutlich an dem vorbeigehen, was diese Musik will”, meint Bechtolf.

Dirigent Franz Welser-Möst hat sich für die erste Fassung der Oper entschieden – “weil sie rauer, wilder und konzentrierter ist”, sagte er im Interview mit der “Bühne”: “Grob genommen sagt Hindemith in der Erstfassung: Der Künstler darf alles, auch morden. Aber er kommt damit nicht durch: Erst bringt Cardillac die Käufer seines Schmucks um, am Schluss wird er umgebracht.”

“Cardillac”, Oper von Paul Hindemith, Libretto von Ferdinand Lion
nach “Das Fräulein von Scuderi” von E.T.A. Hoffmann
Dirigent: Franz Welser-Möst, Regie: Sven-Eric Bechtolf,
Bühne: Rolf Glittenberg, Kostüme: Marianne Glittenberg
Wiener Staatsoper, Premiere: 17.10., 20 Uhr
Weitere Aufführungen. 20., 23., 27., 30.10.
Web: http://www.wiener-staatsoper.at

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