"Mr. Spock" wird 75
Gut, streng genommen sind es nicht seine Ohren. Es sind falsche Ohren, die mit Leim angeklebt und mit Lösungsmittel entfernt werden müssen, wobei sie meistens einreißen. „Geformte Schaumohren“, wie der Maskenbildner sagt. Oben spitz zulaufend wie beim Teufel, weshalb der US-Sender NBC sie anfangs gar nicht zulassen wollte, weil er Proteste von rechten Christen befürchtete. Aber dann wurden sie doch das Markenzeichen von Mr. Spock aus „Raumschiff Enterprise“ und machten seinen Darsteller reich und berühmt. Am Sonntag (26. März) wird Leonard Nimoy 75 Jahre alt.
Seine Fans sind mittlerweile auch schon etwas älter. Die Deutschen unter ihnen mussten als Kinder darum kämpfen, ihn sehen zu können, denn auf dem anderen Kanal lief immer die Sportschau: Krieg der Welten vor dem heimatlichen Fernseher. Zur Not ging man zum Schulfreund und verfolgte dort gebannt, wie Spock den Vorläufer des schnurlosen Telefons ergriff oder hochkonzentriert auf einen blauen Fernsehschirm starrte.
Bewundert hat man ihn seiner Haltung wegen. Spock war auf unnachahmliche Weise beherrscht. Gelächelt hat er nie – denn Halbvulkanier wie er sind absolute Rationalisten. Die stärkste Gefühlsregung, zu der er sich je hinreißen ließ, war ein Emporziehen der Augenbraue: „Faszinierend“, bemerkte er dann. Meist hatte ihn sein Vorgesetzer Captain Kirk, das Alpha-Tier auf der Kommandobrücke, zuvor wortreich auf irgendetwas hingewiesen. Echte Spocky-Fans erkennt man daran, dass sie Kirk nicht leiden können. Sie haben 79 Folgen lang vergebens gehofft, dass er sich beim Zurückbeamen einmal nicht mehr materialisieren würde.
„Spock war die Rolle meines Lebens“, sagt Nimoy heute. Für alle außer für ihn selbst ist dies eine Selbstverständlichkeit. Doch Nimoy hat sich lange schwer getan damit. Seine erste Autobiografie, erschienen 1975, nannte er provozierend: „Ich bin nicht Spock.“ Nach dem Auslaufen der Serie 1969 war er zunächst beseelt von dem Wunsch, auch ohne Ohrenprothese erfolgreich zu sein. Er führte Regie und spielte Theater; er sang, fotografierte und schrieb Liebesgedichte. Aber immer wenn er irgendwohin kam, fragten die Leute nur, was denn mit seinen Ohren passiert sei. Nimoy begann zu trinken.
Irgendwann hat er sich schließlich damit abgefunden, dass er nicht für den Rest seines Lebens gegen einen Satz spitzer Ohren ankämpfen kann. Seine zweite Biografie hieß 1995 versöhnlich: „Ich bin Spock.“ Heute sagt er: „Wie viele Schauspieler können schon von sich behaupten, dass sie über Jahrzehnte hinweg mit einer bestimmten Rolle identifiziert werden? Das ist eine ganz besondere Ehre, wie ich finde. Zum Glück sind die Witze über meine Ohren weniger geworden.“
Echte Trekkies – Star-Trek-Fans – machen sowieso keine Witze darüber, sondern behandeln die Ohren wie Reliquien. Bei Sotheby’s wurde vor einiger Zeit ein Paar für 2500 Euro versteigert. Es liegt jetzt unter Glas.