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Mordkomplott im Clan-Dunstkreis in Wien aufgedeckt

Das Bundeskriminalamt deckte ein Mordkomplott im Clan-Dunstkreis auf.
Das Bundeskriminalamt deckte ein Mordkomplott im Clan-Dunstkreis auf. ©APA/FLORIAN WIESER (Symbolbild)
Experten des Bundeskriminalamts haben ein fehlgeschlagenes Mordkomplott in Wien aufgedeckt, das im Umfeld der organisierten Kriminalität von Balkanclans angesiedelt ist und bereits im Februar 2020 durchgeführt werden sollte.

Die Handlung des Mordkomplotts wirkt wie aus einem Hollywood-Film entnommen: Mitglieder des Kavac-Clans sollten durch eine Sprengvorrichtung und kolumbianische Auftragsmörder ausgelöscht werden. Allerdings durchkreuzten unvorhergesehene Zufälle die Pläne der Verdächtigen.

Mordkomplott im Clan-Dunstkreis: Prozess in Wien

Gegen einen der Beteiligten findet am Dienstag ein Prozess am Wiener Landesgericht statt. Der Mann muss sich wegen versuchter Bestimmung bzw. Beteiligung am Mord vor einem Schwurgericht verantworten. Er soll an der Tatplanung beteiligt gewesen sein, sich an Observationen beteiligt und das Aussehen und die Kleidung der beiden Zielpersonen an die gedungenen Killer weitergegeben haben. Laut Anklage scheiterte der Mordanschlag an ungenauen Angaben hinsichtlich des Standorts der Zielpersonen, mangelnder bzw. verspäteter Kommunikation und weiteren Umständen. Millionen von durch Krypto-Messaging-Dienste verschlüsselte Chat-Nachrichten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität waren im April 2021 im Rahmen der "Operation Achilles" in die Hände der österreichischen Ermittler gelangt. Dabei stießen die Beamtinnen und Beamten des Bundeskriminalamts auch auf Hinweise zu einem geplanten mutmaßlichen Doppelmord in der Bundeshauptstadt, hieß es am Montag im Rahmen eines Hintergrundgesprächs.

Geplantes Mordkomplott als Rache für Tötung vor Wiener Schnitzelokal

Zur Vorgeschichte: Zwei dem Kavač-Clan zugehörige Männer, ein heute 57-jähriger Serbe und ein 56-jähriger Montenegriner, waren Ende 2019 aus Rache für die Tötung eines Serben vor dem Wiener Schnitzeltempel Figlmüller im Jahr 2018 als Opfer auserkoren worden, hieß es am Montag bei einem Hintergrundgespräch im Bundeskriminalamt. "Es wurde der Entschluss gefasst: 'Es muss etwas gemacht werden'", gab Daniel Lichtenegger, Leiter des Büros für Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalität, Einblick. "Einerseits durch einen Bombenanschlag, und wenn das nicht hinhaut, durch kolumbianische Auftragskiller in Wien", skizzierte Lichtenegger. Den Kavač-Clan verbindet seit dem Verschwinden einer 200 Kilogramm schweren Drogenlieferung im Jahr 2014 in Spanien eine innige Feindschaft mit den Skaljaris. Ihre Mitglieder sind über ganz Europa verstreut. Die Auseinandersetzungen forderten europaweit bereits 80 Todesopfer. Beide Clans stammen aus den jeweiligen namensgebenden Orte im Umland der montenegrinischen Stadt Kotor.

Mordkomplott gescheitert, weil Zündung versagte

Involviert in die Planungen waren dabei laut den Ermittlern insgesamt elf Mitglieder der Skaljaris. Darunter war auch jener 29-jährige Montenegriner, der morgen am Landesgericht Wien wegen versuchten Mordes sowie Bestimmung zum versuchten Mord angeklagt ist, weil er die beiden Opfer observiert sowie die beiden Killer nach Österreich eingeschleust haben soll. Die Verdächtigen bastelten dabei einen zunächst für den Serben bestimmten Sprengsatz. "Aber der Zuständige war scheinbar nicht der große Bombenbauer und musste mit einem Mann vom Westbalkan chatten, der ihm die Anleitung geschrieben hat", sagte der leitende Ermittler. So kam es, dass am 22. Februar 2020, dem Tattag, die Initialzündung versagte und der 57-Jährige unversehrt sein Lokal in Wien-Ottakring verlassen und in sein Auto steigen konnte. Ein Zufall, der laut Dieter Csefan, Leiter des Büros für organisierte Kriminalität, Schlimmeres verhindert habe: "Das wäre eine Katastrophe gewesen, wenn es zur Zündung gekommen wäre. Da hätte es vermutlich die halbe Koppstraße zerrissen", sagte Csefan mit Verweis auf Vergleichsversuche zum Sprengstoff.

Drahtzieher von Mordkomplott im Clan-Dunstkreis tot

Aufgrund des gescheiterten ersten Versuchs habe man schließlich auf den Alternativplan zurückgegriffen, so Lichtenegger. Nur 17 Tage später lokalisierte der verdächtige 29-Jährige für die Kolumbianer den 57-Jährigen in seinem Lokal. "Es hat nur ein Problem gegeben: Die Kolumbianer haben nicht Serbokroatisch gesprochen", sagte Lichtenegger. "Somit haben sie einen anderen Dolmetscher gebraucht, der in Ecuador gesessen ist." In Folge der Kommunikationsprobleme sei es schließlich erneut nicht zur Durchführung der Tat gekommen. In den Wochen danach reisten die beteiligten Personen zurück nach Montenegro. Die beiden Auftraggeber des Komplotts wurden bereits im Oktober bzw. November 2020 in der Türkei sowie in Montenegro entführt, gefoltert und erschossen.

Der 29-Jährige befindet sich nach seiner Festnahme an der Grenze zu Bosnien seit 15. April 2024 in Haft in Österreich. Einer der beiden Kolumbianer verstarb laut Interpol im August 2023 an einer Pestizid-Vergiftung in Kolumbien. Auch der operative Leiter des Komplotts wurde im Februar 2024 in der montenegrinischen Stadt Bar festgenommen, gegen ihn liegt eine österreichische Festnahmeanordnung vor. Bundeskriminalamts-Chef Andreas Holzer forderte am Montag vor dem Hintergrund des Ermittlungserfolgs erneut mehr Möglichkeiten für die Polizei bei der Überwachung von Messengerdiensten ein. Nicht nur der Staatsschutz brauche entsprechende Möglichkeiten "sondern auch die Kriminalpolizei", sagte Holzer bei dem Medientermin. Die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der "Operation Achilles" machten dies besonders deutlich. Österreich sei im internationalen Vergleich jedoch weiterhin "ein gallisches Dorf ohne Zaubertrank", so Holzer.

(APA/Red)

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