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Mordauftrag? Russischer "Mafia-Pate" in Wien vor dem Kadi

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Ein Geschäftspartner eines russischen "Mafia-Paten" sollte wegen einer offenen Forderung 230.000 Euro erschossen werden. Ob der "Pate" dahintersteckt, wird jetzt in Wien verhandelt. Video:

Es sei wie im Film, meinte Staatsanwältin Michaela Schnell: In dunkle Machenschaften verstrickte Geschäftsleute aus Osteuropa, eine Forderung über 230.000 Euro, eine Drohung “auszupacken” – und ein Mordauftrag. Der 40-jährige Russe M., zweifacher Familienvater aus Sankt Petersburg und einst Vorzeigestudent in der UdSSR, stand am Dienstag in Wien vor Gericht und versuchte dort, in grammatikalisch ausgezeichnetem Deutsch und perfekt vorbereitet, zu beweisen, dass er seinen Geschäftspartner R. nicht durch einen Auftragskiller ermorden lassen wollte.

Anfang August 2004 hatte sich laut Staatsanwaltschaft folgendes zugetragen: M., tätig im Import- und Exportgeschäft, vorwiegend in Russland und der Ukraine, dürfte schon seit längerem viel zu niedrige Rechnungen ausgestellt haben, weil die ukrainischen Zölle so unverschämt hoch gewesen wären. Im Zuge dessen stellte ein gewisser R. die Forderung nach einer Provision in der Höhe von 230.000 Euro. Als M. ihm diese verweigerte, drohte R. mit seinem Wissen über die “linken Geschäfte” zur Polizei zu gehen. M. wiederum wollte sich das freilich nicht bieten lassen und heuerte einen Auftragskiller an.

Dass es schließlich keine Toten gab, sei, so die Staatsanwältin, einem der Mittelsmänner zu verdanken, der das geplante Schussattentat den Kriminalisten meldete. M. wurde schließlich im Februar 2008 festgenommen, R. leide laut seiner Verteidigerin noch heute unter den Ereignissen, habe nach wie vor Schweißausbrüche und sei “traumatisiert”.

Ganz und gar nicht einverstanden mit dieser Theorie zeigte sich M.s Anwalt Harald Schuster. Er stellte zwar die Scheingeschäfte seines Mandanten nicht in Abrede, listete jedoch zahlreiche “Pannen” und “Ungereimtheiten” im Verfahren auf, die seiner Ansicht nach beweisen würden, dass M. keineswegs “der große Mafia-Boss” sei. “Warum hätten ihn die U-Richter dann bereits zweimal enthaftet?”, so Schuster.

Außerdem sei das Mordmotiv in Wahrheit gar keines, weil R. im Grund überhaupt nichts gegen den 40-jährigen Russen in der Hand gehabt hätte. Die österreichische Finanz, führte Schuster aus, hätte bereits seit dem Jahr 2000 von den Geschäften M.s Bescheid gewusst. So weit, so verworren.

Als schließlich M. zu Wort kam, begannen die Köpfe der Anwesenden im Gerichtssaal zu rauchen. Richterin Bettina Neubauer lieferte sich mit dem Angeklagten detaillierte Diskussionen über die Abläufe geschäftlicher Treffen und Vereinbarungen im Sommer 2004. Dabei meinte der 40-Jährige meist, dass die Aussagen seiner Handelspartner falsch seien, was Neubauer – schon etwas genervt – mit der Zwischenbemerkung “Na, dann lügen ja offenbar alle!” quittierte.

Der Prozess wurde am Dienstagnachmittag fortgesetzt und wird noch drei weitere Verhandlungstage andauern.

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