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Mordanklage nach viereinhalb Jahren

Die Staatsanwaltschaft Wien hat viereinhalb Jahre, nachdem eine 85 Jahre alte Juwelierin am Schuhmeierplatz in Wien-Ottakring überfallen, misshandelt und erstickt worden war, gegen einen 29-jährigen Serben Anklage wegen Mordes erhoben.

Die Mordanklage steht allerdings auf eher wackeligen Beinen: Es gibt derzeit keinen eindeutigen Beleg dafür, dass sich der Mann am 13. September 2005 überhaupt am Tatort aufgefallen hat. Den Geschworenen, die am 2. Juni über die Schuld des Angeklagten entscheiden müssen, steht daher ein reiner Indizienprozess bevor.

Die betagte Elisabeth Sch. war in ihrer Wohnung vermutlich von mehreren Männern überfallen und zunächst gequält worden, weil sie die Schlüssel zum Tresor ihres unmittelbar angrenzenden Geschäftslokals nicht herausgeben wollte. Erst nachdem die Täter diese erlangt hatten, dürften sie die 85-Jährige mit einem Kabelbinder erstickt haben. Anschließend plünderten sie den Juwelierladen, wobei ihnen Schmuck und Uhren im Wert von 100.000 Euro in die Hände fielen.

Der zuletzt in Wien wohnhafte Serbe wurde im Jänner 2009 bei einem Verwandtenbesuch in Moskau verhaftet und im September der österreichischen Justiz übergeben. Auf die Spur des Mannes war man aufgrund von zunächst anonymen Hinweisen gekommen, die die Polizei in Aktenvermerken festgehalten hatte. Demnach soll ein ehemaliger Zellengenosse eines Bruders des 29-Jährigen versichert haben, jener wäre in den Mord an der Juwelierin verwickelt gewesen. Der Angeklagte wurde darüber hinaus von einer weiteren Person belastet, die allerdings ebenfalls von der Polizei niemals niederschriftlich einvernommen wurde.

Sollte es bis zum Verhandlungstermin nicht gelingen, die Belastungszeugen namhaft zu machen und zur zeugenschaftlichen Befragung zu laden, könnte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Mordanklage baden gehen: Am Tatort wurden zwar zahlreiche DNA-Spuren sichergestellt, und es konnten aus den Mischspuren sogar die genetischen Fingerabdrücke einer konkreten Person herausgefiltert werden. Diese stimmen laut einem gerichtlich in Auftrag gegebenen Gutachten allerdings nicht mit den genetischen Merkmalen des 29-jährigen Serben überein.

Ausschlaggebende Bedeutung könnten daher nicht zuletzt die Angaben einer Nachbarin der umgekommenen Elisabeth Sch. erlangen, die unmittelbar nach der Bluttat den Kriminalisten erklärt hatte, ihr wären an den Tagen vor dem Überfall drei Männer aufgefallen, die wiederholt das Geschäft und die nähere Umgebung sondiert hätten. Ob die Frau fast fünf Jahre später im Angeklagten einen der damals flüchtig beobachteten Männer zu identifizieren vermag, bleibt abzuwarten.

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