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Möllemann hätte Verfahren beenden können

Jürgen Möllemann hätte kurz vor seinem Tod sein Steuerstrafverfahren ohne großes öffentliches Aufsehen beenden können. Chronologie

Die Staatsanwaltschaft Münster und die Anwältin Möllemanns, Annette Marberth-Kubicki, bestätigten der dpa am Freitag, dass es Gespräche über eine einvernehmliche Beendigung des Strafverfahrens gegeben habe. Konkret stand nach Angaben der Anklagebehörde der Erlass eines Strafbefehls im Raum. Damit wäre Möllemann eine öffentliche Hauptverhandlung mit Zeugeneinvernahme erspart geblieben.

Der ermittelnde Oberstaatsanwalt in Münster sagte, er habe für den Fall, dass Möllemann im Kern den Vorwurf der Steuerhinterziehung einräumt, den Erlass eines Strafbefehls durchaus in Erwägung gezogen. In den Wochen vor der Durchsuchung sei von Seiten der Verteidigung aber zunächst signalisiert worden, dass der ehemalige FDP-Politiker zu einer entsprechenden Erklärung nicht bereit sei. Daraufhin habe die Staatsanwaltschaft dann die Durchsuchung vorbereitet.

Die Anwältin sagte hingegen, sie halte es für möglich, dass die Durchsuchung „eine strategische Maßnahme“ der Staatsanwaltschaft gewesen sein könnte, um Druck auf die Verteidigung auszuüben.

Nach Angaben des ermittelnden Oberstaatsanwalts ging es in dem Verfahren in Münster um den Vorwurf, Möllemann habe die Zinsen eines Vermögens nicht versteuert, das bei einer Bank in Luxemburg deponiert war. Dabei sei umstritten gewesen, ob das Geld tatsächlich Möllemann oder einem Dritten gehöre. Im Lauf der Ermittlungen hätten sich dann die Verdachtsmomente erhärtet, dass das Geld Möllemann gehörte. Eine so klare Erklärung habe der Politiker aber nicht abgeben wollen, hieß es.
Der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke sagte am Donnerstag vor Journalisten in Recklinghausen, es komme sowohl ein Unglücksfall als auch Selbstmord oder eine Manipulation des Fallschirms in Frage.

Die Staatsanwaltschaft ermittle derzeit in alle Richtungen, hieß es. Laut Reinicke war Möllemann als letzter einer Gruppe von Fallschirmspringern aus 4.000 Metern Höhe abgesprungen. Der Sprung habe zunächst wie ein ganz normaler Absprung ausgesehen. Aus „bisher völlig ungeklärten Gründen“ habe sich dann der Hauptfallschirm abgelöst, Möllemann sei daraufhin in einen freien Absturz geraten. Offenbar habe er es anschließend nicht mehr geschafft, den Reserveschirm zu öffnen und sei um 12.38 Uhr auf der Wiese nahe des Flugplatzes aufgeschlagen. Grund für einen möglichen Freitod könnten die gegen Möllemann gerichteten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gewesen sein. Der deutsche Bundestag hatte am Donnerstag Vormittag einstimmig die Immunität Möllemanns aufgehoben. Die Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Münster hatten nach eigenen Angaben zu Mittag, fast gleichzeitig mit dem Tod Möllemanns, die Wohnräume des ehemaligen FDP- Spitzenpolitikers durchsucht. Möllemann wurde möglicherweise vorzeitig über die Aktionen informiert.

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