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Molekularbiologe: Haslauer verbreitet "komplette Fake-News"

Haslauer ist gegen einen lokalen Lockdown.
Haslauer ist gegen einen lokalen Lockdown. ©APA/BARBARA GINDL
Molekularbiologe Ulrich Elling ist entsetzt über die Aussage des Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Haslauer (ÖVP) und fordert Verschärfungen. Auch Vertreter der Salzburger Spitalsärzte sind für Kontaktrestriktionen.
Neuer Anlauf zu Lockdown in OÖ und Salzburg

Wie ernst gemeint auch immer er war: Der Sager von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), dass Virologen Menschen aus Schutz vor einer Infektion am liebsten einsperren würden, hat noch am Mittwochabend für scharfe Kritik gesorgt. Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konterte dem Politiker im Puls24-Interview und warf Haslauer "Fake News" vor. Vielmehr habe die Politik viel zu spät reagiert.

"Komplette Fake-News"

Die Unterstellung an Virologen und die Absage an Lockdowns sei ein Symptom der Hilflosigkeit, sagte der Molekularbiologe. Die Kritik sei diffamierend und motivationszerstörend für Wissenschaftler. "Es entbehrt jeglicher Wahrheit. Das sind komplette Fake-News, die Behauptungen, dass wir Leute einsperren wollen", sagt Elling. Die Experten hätten die Corona-Dynamik sehr wohl vorhergesehen und rechtzeitig intelligente Maßnahmen vorschlagen, damit eben Lockdowns verhindert werden können. Nur die Politik hätte nicht gehört.

Die Situation sei nicht erst seit Oktober dynamisch, schon im August habe das Prognose-Konsortium gesagt, dass es in den Spitälern eng werden wird. Dass die Impfeffizienz wegen Delta abnehme, sei auch bekannt gewesen. Israel habe im August bekanntgegeben, dass Auffrischungsimpfungen helfen. Der Stufenplan sei dann nicht auf die Pandemie zugeschnitten gewesen, sondern auf den Wahlkampf in Oberösterreich, sagte Elling.

"Akutmaßnahmen" gefordert

Weil man zu lange gewartet hätte, brauche man nun "Akutmaßnahmen". Kurzfristig hätte man nun nur noch die Wahl zwischen "einer Vollbremsung oder Augen zu und durch". Ein strikter Lockdown würde Elling zufolge auf jeden Fall Wirkung zeigen. Es könnte auch klappen, wenn dieser nur Ungeimpfte betreffen würde, sagte der Experte. Ob das aber machbar sei, ist fraglich. Es müsste strikt kontrolliert werden. Das eigentliche Problem sei aber, dass dafür der politische Wille fehle, sagt Elling.

Hutter: "Im Krankenhaus laufen alle hinterher"

Kritik kam am Donnerstag auch von Jörg Hutter, dem Sprecher der Spitalsärzte in der Salzburger Ärztekammer. Er griff aber nicht Haslauer, sondern die Politik allgemein an. "Der Ist-Zustand in den Krankenhäusern klafft weit von dem auseinander, was gestern auf der Pressekonferenz gesagt worden ist." Bisher seien fast alle Prognosen, die von Analytikern erstellt worden seien, letztlich auch eingetroffen.

Auch Hutter sprach sich für baldige Kontaktrestriktionen aus. "Sämtliche Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, und das ist die Befürchtung vieler Ärzte, werden erst in zwei bis drei Wochen schlagend. Im Krankenhaus laufen dann wieder alle hinterher, darum brauchen wir jetzt kurzfristige Maßnahmen."

Höchst emotional reagierte auch der Komplexitätsforscher Peter Klimek. "Was ist das hier für ein Umgang, den man in Österreich mit Wissenschaftlichkeit pflegt?", ärgerte er sich Donnerstagabend in der ZiB2 des ORF. Die Politik habe selbstverständlich gewusst, dass sich die Coronawelle so aufbaue, all das sei vorhersehbar gewesen. Angesichts dieser Wissenschaftsfeindlichkeit sah er Österreich "einen Schritt weiter zur Bananenrepublik".

(APA/red)

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