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Mögliches Ende der "Wiener Zeitung": Weiterbestand gefordert

Ein Ende der "Wiener Zeitung" steht seit mehreren Wochen im Raum.
Ein Ende der "Wiener Zeitung" steht seit mehreren Wochen im Raum. ©pixabay.com (Sujet)
Ein Ende der "Wiener Zeitung" steht seit mehreren Wochen im Raum. Doch Journalisten fordern nun den Weiterbestand.

Die "Wiener Zeitung" muss weiterbestehen - notfalls mit alternativem Finanzierungsmodell. Zu diesem Schluss kamen die Teilnehmer einer Online-Diskussion des Presseclub Concordia zur Zukunft der ältesten Tageszeitung der Welt am Mittwoch. Als Ideen wurden unter anderem eine dringend nötige Reform der Medienförderung mit stärkerem Einbezug der republikseigenen Zeitung, eine Haushaltsabgabe oder auch ein Mäzenatentum für eine Übergangsphase eingebracht.

Ende der "Wiener Zeitung" steht seit mehreren Wochen im Raum

Das Ende der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung bzw. in gedruckter Form steht seit mehreren Wochen im Raum. Das Regierungsprogramm sieht eine Abschaffung der Pflichtinserate im Amtsblatt der Zeitung vor, wodurch ein großer Teil der Einnahmen für das Qualitätsblatt wegfallen würde. Eine von der Regierung ins Treffen geführte umzusetzende EU-Richtlinie, die eine zentrale Stelle für die Dokumentation von Unternehmensinformationen vorsieht, sei jedoch keine rechtliche Hürde, meinte der Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Walter Hämmerle. "Es läuft darauf hinaus, ob es einen politischen Willen gibt, die Zeitung zu erhalten oder nicht", so der Chefredakteur.

Der erste Entwurf der Regierung zur Umsetzung der Richtlinie hätte zu einem Wegfall von rund sieben Millionen Euro für die Zeitung geführt. Dieser Entwurf soll nicht umgesetzt werden. Stattdessen werde an mehreren Konzepten gearbeitet. Wie fix die darin enthaltenen Ideen sind, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen, so Hämmerle. "Wir befinden uns in einer Übergangsphase, in der man die Pausetaste gedrückt hat", erklärte der Chefredakteur.

Alternative Finanzierungsmodelle als letzte Option für die Zeitung

Kommt es zu einer Umsetzung des Regierungsprogramms, könnten alternative Finanzierungsmodelle die letzte Option für die Tageszeitung sein. Hämmerle erachtet bei mangelndem Interesse der Politik am Fortbestand der "Wiener Zeitung" eine Übernahme durch eine zivilgesellschaftliche Bewegung oder auch Mäzenatentum als Option - zumindest für eine Übergangsphase. Man biete "unaufgeregten, distanzierten Journalismus", der bewusst einen Schritt zurückgehe und nicht "auf die schnelle Schlagzeile" abziele, sondern versuche, diese "mit Substanz" zu füllen, warb er.

Föderl-Schmid: " Jede Regierung wäre stolz auf die älteste Tageszeitung der Welt"

Alexandra Föderl-Schmid, stellvertretende Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung", hob noch die starke Auslandsberichterstattung der "Wiener Zeitung" hervor. "Jede Regierung wäre stolz auf die älteste Tageszeitung der Welt", meinte sie. "Die Regierung müsste eine Enquete einberufen und Möglichkeiten diskutieren, wie dieses Kulturgut erhalten werden kann. Diese Anstrengung gibt es nicht. Das erstaunt mich", so die ehemalige Chefredakteurin von "Der Standard".

Ihr schwebt eine reformierte Medienförderung nach klaren inhaltlichen Kriterien, wie sie etwa bereits der verstorbene Medienwissenschafter Hannes Haas im Jahr 2013 skizziert hat, vor. Derzeit mache die Presseförderung wenig im Vergleich zu den Werbeetats aus. Geld werde nach nicht nachvollziehbaren Kriterien vergeben - vor allem in Richtung der Boulevardmedien. "Der Staat hat die Aufgabe für die geistige Infrastruktur des Landes zu sorgen und die 'Wiener Zeitung' in ein reformiertes Medienförderungssystem einzubeziehen", forderte Föderl-Schmid.

Kritik an Medienförderung in Österreich

Auch Ulla Kramar-Schmid, Leiterin des Bereichs investigative Recherche im aktuellen Dienst des ORF-Fernsehens, sieht die Medienförderung in Österreich kritisch. "Gute Berichterstattung wird mit Inseraten erkauft. Das hat sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren massiv verschärft", sagte Kramar-Schmid. So wie bisher könne es nicht bleiben, es brauche ein neues System, so die ORF-Journalistin.

Eine öffentlich-rechtliche (Teil-)Finanzierung konnte sich der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell als Lösung vorstellen. Die Rundfunkgebühren müsste man in eine Haushaltsabgabe umwandeln, die in der Folge etwa die "Wiener Zeitung" miteinbezieht. Im Falle einer Finanzierung der Tageszeitung durch ein Mäzenatentum sollten im Voraus "sehr klare rote Linien gezeichnet und ausverhandelt" werden, die darlegen, unter welchen Bedingungen man sich fördern lässt, warnte Hausjell. Fest steht für den Medienexperten angesichts einer ohnehin sehr konzentrierten österreichischen Tageszeitungslandschaft: "Der Hut brennt."

AEJ will Erhalt der Wiener Zeitung

Das sieht auch die Vereinigung der Europajournalist/inn/en (AEJ) so. Sie fordert in einer Stellungnahme, "alles für den Erhalt der 'Wiener Zeitung' zu unternehmen". Sie sei für den Weiterbestand von qualitätsvoller, pluralistischer und unabhängiger Berichterstattung von höchster Bedeutung, zumal Österreich in Sachen Medienfreiheit zuletzt laut Index von "Reporter ohne Grenzen" um mehrere Stellen abrutschte. Die AEJ regt an, die von Hausjell gegenüber der APA vorgebrachte Idee, die "Wiener Zeitung" als öffentlich-rechtliches Medium zu erhalten, zu prüfen und in Folge allenfalls zu fördern.

(APA/Red)

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