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Möchte noch zehn Jahre leben

Ins Maxim geht er wohl nicht mehr, aber im Casino Baden gab sich Theaterlegende Johannes Heesters gestern, Montagabend, wenige Tage vor seinem 101. Geburtstag die Ehre.

Im Gespräch mit Badens Bürgermeister August Breininger (V) plauderte der Grandseigneur der Operette nicht nur über Leben und Karriere, sondern zeigte sich auch noch erstaunlich bei Stimme. Anschließend wurde eine Ausstellung mit Porträtbildern eröffnet, die Ehefrau Simone Rethel vor einigen Jahren fotografiert hat.

Der von Peter Lutz, Präsident der Robert-Stolz-Gesellschaft, als “ältester aktiver Schauspieler der Welt“ apostrophierte Kammersänger überraschte sein gerührtes Publikum trotz augenscheinlicher Gebrechlichkeiten mit geistiger Frische und ungebrochenem Charme. Bei einem Glas Whiskey ließ der gebürtige Holländer die Stationen seines Werdegangs kurz Revue passieren, streute amüsante Anekdoten ein und ließ keinen Zweifel an seiner positiven Lebenseinstellung: „Man hat ein langes Leben, und man soll es nicht aufgeben, indem man sagt: Ich muss mich ausruhen.“

Von Ruhe kann auch nicht die Rede sein. „Wir sind auf Tournee“, erklärte Heesters stolz. Angesprochen auf seine Wünsche für die Zukunft, meinte der greise Bühnenstar, der am 5. Dezember seinen 101. Geburtstag begeht: „Ich bete zu Gott, dass ich noch ein paar Jahre länger leben könnte. Ich lebe gerne, und es wäre schön, wenn ich noch zehn Jahre weiter leben könnte.“ Beschwerlich sei nur das Reisen geworden, erzählte Heesters, aber „was auf der Bühne spielt, läuft von selbst“. Und Simone Rethel assistierte: „Er spricht nur von heute, er spricht nur von der Zukunft.“

Dann ließ er sich zum Flügel führen und sang „Ich knüpfte manche zarte Bande“ aus Millöckers „Bettelstudent“, dereinst seine erste Rolle an der Wiener Volksoper, weiters „Durch dich wird diese Welt erst schön“, „Ich werde jede Nacht von Ihnen träumen“ und ein Lied mit dem Titel „Erinnerung“. Darin heißt es: „Hab mein Leben gelebt und hab mich stets bemüht, den Weg gerade zu gehen…“

„Mein Arzt hat mir gesagt: Geh nicht zu spät schlafen!“, verriet „Jopie“ seinem Publikum zum Abschied. Standing ovations waren der Dank für einen berührenden Abend mit einer einzigartigen Theaterpersönlichkeit, die Generationen mit Charme und Lebensfreude begeistert hat.

Die Fotoausstellung „Schönheit des Alters“ ist noch bis 29. Dezember im Casino Baden zu sehen. Die Porträts sind auch in einem Bildband von Simone Rethel enthalten.

Ursprünglich wollte der im niederländischen Amersfoort geborene Kaufmannssohn Johan Marius Nicolaas Heesters Priester werden. Als anschließend auch aus dem Bankberuf nichts wurde, versuchte er sein Glück als Schauspieler. Nach ersten Auftritten in seinem Heimatland wechselte Heesters ins Operettenfach und trat – nach intensivem Deutschstudium – 1934 erstmals mit „Der Bettelstudent“ in der Volksoper Wien auf. An Wiener Bühnen war er auch nach dem Weltkrieg häufig zu Gast. Seine eigentliche Karriere aber begann 1935 in Berlin. Ein Millionenpublikum lag dem unverschämt gut aussehenden „Backfischidol“, wie das in seinen Jugendjahren hieß, bald zu Füßen. Dazu trugen auch seine unzähligen Filmrollen bei.

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