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Mobbing: Kündigung eines homosexuellen Mitarbeiters rechtsunwirksam

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Ein spektakuläres Urteil hat das Wiener Arbeits- und Sozialgericht (ASG) nun im Fall eines Straßenbahnfahrers gefällt, der von den Wiener Linien wegen Dienstunfähigkeit gekündigt worden war.

Das Gericht stellt in der druckfrischen Entscheidung 21 Cga 184/04p fest, dass die Kündigung nichtig und unwirksam war. Der 37-jährige Mann war aufgrund seiner Homosexualität am Arbeitsplatz jahrelang gemobbt worden. Dass er in Folge dessen erkrankte, lag laut nicht rechtskräftigem Urteil eindeutig im Mitverschulden der Wiener Linien, weshalb die Kündigung sittenwidrig war.

Die Wiener Linien hätten es unterlassen, gegen das Mobbing zeitgerecht “Abhilfemaßnahmen” zu setzen, obwohl die Geschäftsführung und die Magistratsdirektion seit Mitte 2001 von den schwierigen Arbeitsbedingungen des Mannes gewusst hätten, rügt Richter Andreas Fraundorfer in seinem schriftlichen Urteil. Dem Mann war nahe gelegt worden, sich versetzen zu lassen – laut ASG eine “untaugliche” und “krass verspätete” Maßnahme.


Die Wiener Linien hätten den betroffenen Mitarbeiter damit “in der demütigenden, seine Persönlichkeitsrechte und seine Menschenwürde verletzenden Weise und überdies gesundheitsschädlichen Arbeitssituation belassen und nach vielen Monaten der Untätigkeit sich darauf beschränkt, die Verantwortung für Abhilfemaßnahmen dem Kläger selbst zuzuschieben”, ist dem 60 Seiten starken Urteil zu entnehmen.

Ihn dann zu kündigen, nachdem er in Folge seines psychischen Befindens Anfang 2004 drei Monate in den Krankenstand gegangen war, wird wörtlich als “Rechtsmissbrauch” bezeichnet.

Der Straßenbahnfahrer war mit 31. August 2004 gekündigt worden, wobei auf ein direktionsärztliches Gutachten verwiesen wurde, demzufolge der Mitarbeiter für die Erfüllung seiner Dienstpflichten “körperlich ungeeignet” sei. Der Mann litt zu diesem Zeitpunkt an einem depressiven Belastungssyndrom – den Feststellungen des Gerichts zufolge vor allem deshalb, weil die Wiener Linien ihre Fürsorgepflicht verletzt hätten.

Fazit: Der Arbeitgeber habe “selbst die psychische Erkrankung des Klägers und somit die Dienstunfähigkeit schuldhaft und rechtswidrig verursacht”, heißt es im Urteil. Daher bestehe das Dienstverhältnis weiter fort. Der von Anwalt Michael Sommer (Kanzlei Gheneff- Rami – Sommer) vertretene Straßenbahner bekam außerdem die Verfahrenskosten von 17.242 Euro zugesprochen

Noch ist unklar, ob die Wiener Linien bzw. die Gemeinde Wien das Urteil des Wiener Arbeits- und Sozialgerichts (ASG) bekämpfen werden, mit dem die Kündigung des homosexuellen Straßenbahnfahrers als nichtig und rechtsunwirksam aufgehoben wurde. Eine Sprecherin der Wiener Linien stellte auf APA-Anfrage eine Stellungnahme für Montagnachmittag in Aussicht.

Der Anwalt, der die Wiener Linien bei Gericht vertreten hatte, soll nach Auskunft seiner Kanzlei ab 15.30 Uhr erreichbar sein.

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