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Mitterlehner spricht von "überdramatischer Darstellung"

Die beiden Politiker zeigten sich angriffig
Die beiden Politiker zeigten sich angriffig ©APA (Pfarrhofer)
Angriffig haben sich ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Mittwoch in der Ö1-Diskussionssendung "Klartext" gezeigt. Gestritten wurde etwa über die Themen EU oder Flüchtlinge. Mitterlehner musste gleich eingangs zum Zustand der Bundesregierung Stellung nehmen und sprach dabei von einer "überdramatischen" und emotionalen Darstellung.

Im vergangenen Herbst trafen im RadioKulturhaus in der Argentinierstraße, im Großen Sendesaal, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Strache aufeinander. Nicht nur die Örtlichkeit war eine andere – diesmal wurden die Besucher ins kleinere Studio 3 geladen -, auch die Tonalität war weit angriffiger.

“Begleitung könnte leiser sein”

Gespannt waren die Zuhörer aber ohnehin einmal auf Mitterlehners Einschätzung zum Zustand der Bundesregierung. Er erklärte, es gebe die Notwendigkeit, das Regierungsprogramm zu prüfen und zu erneuern. Nun sollen die Vorhaben mit einem Zeitrahmen versehen werden. “Die Begleitung könnte etwas leiser sein”, räumte er dabei ein. Auf die Kritik von ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin am Koalitionspartner angesprochen, meinte Mitterlehner einmal mehr: “Ein Euro scheppert nicht allein. Es werden schon beide Seiten ihren Anteil haben.” Entscheidend sei aber, dass man bis Ende der Woche etwas schaffe.

ÖVP will Darstellung zuspitzen

Mitterlehner hat aber nicht den Eindruck, Kern habe ein Ultimatum gestellt. Bei manchen Vorschlägen sei man durchaus offen und selbst habe man auch von Lösungen bis Ende Jänner gesprochen. “Ich bin optimistisch”, so Mitterlehner. Dass Kern die ÖVP jüngst indirekt als Reformverweigerer bezeichnet hatte, darauf wollte Mitterlehner nicht näher eingehen: “Ich hätte noch nicht bemerkt, dass er Parteimitglied bei uns ist.” Der SPÖ-Vorsitzende sei ein Wettbewerber, so Mitterlehner. “Eine besonders freundliche Darstellung war es nicht”, gab er aber schließlich zu und kündigte an, die ÖVP werde ihre Darstellung zuspitzen müssen.

Strache: Bevölkerung unzufrieden mit Regierung

Strache wollte nicht beantworten, ob er sich der SPÖ oder der ÖVP näher fühlt, sondern verwies auf die Unzufriedenheit in der Bevölkerung über beide Regierungsparteien. Ziel der FPÖ sei es außerdem ohnehin, stärkste Kraft zu werden. Vorbereitet auf Wahlen sei man grundsätzlich, die Partei habe sich auch finanziell saniert.

Strache erklärte, die Regierung streite seit geraumer Zeit und sei nicht bereit, das Programm umzusetzen. Wenn dies nicht passiert, seien Neuwahlen der einzige Ausweg. Außerdem warf der FPÖ-Chef der ÖVP vor, nach 30 Jahren Regierungsverantwortung nun für Rekordarbeitslosigkeit und die Staatsverschuldung verantwortlich zu sein. Auch sei Österreich in Rankings teilweise das Schlusslicht geworden, so Strache. Dies quittierte Mitterlehner mit einem: “Sie sind ein Meister der alternativen Fakten”, und brachte Gegenbeispiele für den Erfolg des Landes. “Das nenne ich Realitätsverweigerung. Es gibt nicht die jubelnden Bürger auf der Straße”, zeigte sich Strache unbeeindruckt.

Mitterlehner verteidigt Abgrenzung zur FPÖ

Mitterlehner verteidigte einmal mehr die forcierte Abgrenzung zum Wettbewerb und hier vor allem zu den Freiheitlichen, gebe es doch neben ein paar Gemeinsamkeiten “gravierende Unterschiede”. Viele ÖVP-Wähler seien bei den Blauen “geparkt”, diese wolle man auf die eigenen Konzepte aufmerksam machen. “Wir sehen einen Erfolgsneid der ÖVP gegenüber der FPÖ”, höhnte dazu Strache.

Einen inhaltlichen Unterschied ortet Mitterlehner etwa beim Thema Europäische Union und so brachte er einmal mehr den Öxit aufs Tapet. Strache zeigte sich verärgert, lehne die FPÖ doch einen EU-Austritt ab. Europa müsse aber neu gedacht werden und es brauche mehr Bürgernähe, so der FPÖ-Chef. Dass Mitterlehner erkläre, dass die FPÖ für einen EU-Austritt sei, sei eine “bewusste Falschdarstellung”, kritisierte Strache.

Trump kein Vorbild für Strache

Kein Vorbild ist jedenfalls der neue US-Präsident Donald Trump für Strache, auf diese Frage meinte er klar: “Nein.” Während die Bundesregierung aber nun ein Bashing gegenüber Russland und der USA betreibe, habe die FPÖ diplomatische Beziehungen. Im Übrigen kenne er dies als “Strache-Bashing” selbst, stellte der FPÖ-Chef fest. Mitterlehner sah hingegen kein “Strache-Bashing”, sondern lediglich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der FPÖ. Mitterlehner hielt fest: “Ich bin auch ein Freund Russlands.” Die ÖVP mache aber anders als die Freiheitlichen kein Bündnis mit einer dortigen Partei.

Angesprochen auf etwaige Einschränkungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU pochte Mitterlehner auf vertragskonforme Lösungen. Strache meinte, die Freiheitlichen hätten bereits vor Jahren vor einem Verdrängungsprozess durch osteuropäische Arbeiter gewarnt.

Mitterlehner: Man kann miteinander reden

Gestritten wurde auch über die Abschaffung der kalten Progression. Mitterlehner verwies darauf, dass derzeit die Steuerreform 2016 wirke. Werde diese Wirkung durch die Inflation aufgehoben, brauche es ein neues System ab 2018/2019. Eine jährliche Anpassung an die Inflationsrate schon jetzt, würde einen “Doppeleffekt” haben, meinte der Vizekanzler. Strache pochte hier auf eine jährliche automatische Anpassung.

Emotional wurden die beiden Parteichefs beim Thema Flüchtlinge. Strache kritisierte hier etwa, dass die Bundesregierung und die verantwortlichen ÖVP-Minister “tausende illegale Migranten” ins Land gelassen hätten. Es sei jedoch eine “Selbstverständlichkeit, den Pass zu verlangen” sowie “Illegale und Straftäter abzuschieben”, so der FPÖ-Obmann. Mitterlehner entgegnete hier laut, dass man es zum Teil mit Menschen zu tun habe, die im Kugelhagel ohne Reisepass in der Hand geflohen seien. Weiters sei es mitunter schwierig, mit Ländern wie etwa Libyen ein Abschiebeabkommen auszuhandeln.

Auf die Frage, ob Strache Kanzler kann, meinte Mitterlehner abschließend: “Das wird der Wähler entscheiden”, und sei somit offen. Damit aber kein falscher Eindruck entstehe, man könne miteinander reden, so der Vizekanzler. Strache knüpfte eine mögliche Koalition mit der ÖVP an inhaltliche und personelle Veränderungen.

(APA)

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