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Mit Blick auf nächste Wahl

Mit einem Appell an die patriotischen Gefühle hat US-Präsident Bush Amerika auf einen Kampf an zwei Fronten eingeschworen. Der Präsident lässt sich von Woge der Popularität tragen.

Der Krieg gegen den internationalen Terrorismus soll über Afghanistan hinaus fortgesetzt, und die Volkswirtschaft mit Steuerkürzungen aus der Rezession geholt werden.

Dabei wird Bush zu Beginn seines zweiten Amtsjahres von einer kräftigen Woge der Popularität getragen: Mehr als 80 Prozent der US-Bürger sind mit seiner Amtsführung zufrieden. Aber seine Berater sorgen sich, ob dies bis zu den Zwischenwahlen zum Kongress im November auch so bleiben wird. Erfahrungsgemäss spielen dann Alltagssorgen eine grössere Rolle als die Weltpolitik.

Der Präsident wird sich dabei selbst an die Amtszeit seines Vaters erinnern: Ein Jahr nach dem Golfkrieg gegen Irak erlebte George Bush in der Wirtschaftskrise 1992 einen Einbruch seiner Popularität, der Bill Clinton zum Sieg in der Präsidentschaftswahl verhalf.

Während Bush junior deswegen die Erfolge im fernen Asien daheim auch auf die Innen- und Wirtschaftspolitik übertragen will, sind die oppositionellen Demokraten bemüht, beides voneinander zu trennen. Zu Bushs Ausführungen in der Aussen- und Verteidigungspolitik klatschten die demokratischen Abgeordneten brav Beifall. Bei den Erklärungen des Präsidenten zur Steuerpolitik lehnten sie sich hingegen demonstrativ zurück und überliessen Bushs Republikanern das Jubeln.

Einige von Bushs Initiativen werden es im geteilten Kongress sehr schwer haben. Dazu gehören etwa sein geplantes Paket für Anreize zur Belebung der Konjunktur oder das Vorhaben, den sozialen Sicherungsfonds Investitionen an der Börse zu erlauben. Die Demokraten hoffen, mit der Wahl vom November auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erlangen, wozu ihnen nur sechs Stimmen fehlen. Im Senat haben die Demokraten bereits einen knappen Vorsprung vor den Republikanern.

Bush hat es vor der Novemberwahl mit einem dritten Gegner zu tun:
Die historische Erfahrung sagt, dass die im Weissen Haus regierende Partei bei den Zwischenwahlen zum Kongress seit 1938 mit einer einzigen Ausnahme (1998) immer verloren hat. Die Strategen in beiden grossen Parteien haben auch nicht vergessen, dass die Republikaner von Ronald Reagan trotz der damals hohen Popularität des Präsidenten in der Rezession von 1982 die grosse Zahl von 26 Mandaten im Repräsentantenhaus verloren hat.

„Im Krieg stehen wir ja Schulter an Schulter mit der Regierung zusammen“, sagte der demokratische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Dick Gephardt, zur Rede des Präsidenten. „Aber ich lehne es ab, dass wir in der Wirtschaft Fusszehe an Fusszehe zusammenstehen.“ Soziale Sicherheit daheim werde nicht mit einer engagierten Aussenpolitik oder mit der Sicherung der Grenzen erreicht.

Aber Bush ist inzwischen ein so starker Präsident geworden, wie ihm das beim Amtsantritt nach der quälenden Auszählung des Wahlergebnisses kaum zugetraut worden war. Niemand fragt mehr nach seiner Befähigung für das Amt, auch wenn die Affäre um den Zusammenbruch des Energiekonzerns Enron den Fragen nach dem Einfluss der Grossunternehmen im Weissen Haus Auftrieb gegeben hat. Den Namen Enron nahm Bush in seiner Rede zur Lage der Nation denn auch kein einziges Mal in den Mund. Ein langjähriger Berater der Republikaner, Charles Black, sieht Bush von einer breiten Strömung getragen: „Er segelt mit dem Wind des amerikanischen Volkes.“

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