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"Missbrauch wird es immer geben"

Hat ein so öffentlicher Prozess wie im Fall Josef F. abschreckende Wirkung auf andere Missbrauchs-Täter? Psychologin Claudia Pfefferkorn im Gespräch. Alles rund um den Inzest-Prozess und das Urteil für Josef F.

Eine Aussage diesbezüglich sei schwierig, meinte die Forensische, Klinische und Gesundheitspsychologin Claudia Pfefferkorn im APA-Gespräch. “Diese Taten hat es leider immer gegeben und wird es immer geben.” In manchen Kulturen sogar gewollt und unterstützt. Aber Stichwort “Generalprävention”: “Strafe hat schon eine abschreckende Wirkung.”

Tatsache sei, dass Medien “in ihrer Brutalität der Darstellung” keine Hemmungen mehr zeigen, und sich dies auf die Hemmschwelle der Opfer auswirken könne, so Pfefferkorn. “Je unverblümter und brutaler Gewalttaten dargestellt werden, desto ‘normaler’ werden diese erlebt. Insofern kann es dazu kommen, dass Gewalttäter ihrerseits die Hemmschwelle senken und schneller, brutaler und unüberlegter zu Waffen greifen oder ihrer Frustration freien Lauf lassen. Dennoch hat die Strafe, die folgt, eine abschreckende Wirkung.”

Einen “typischen” Missbrauchs-Täter gibt es nicht: “Generell werden fünf Grundtypen der Pädophilie unterschieden”, so Pfefferkorn. Die Gliederung reicht vom “kontaktarmen, retardierten, meist sexuell unerfahrenen Jugendlichen, der sexuelle Handlungen mit Kindern sucht, um überhaupt einmal Kontakt zu haben”, über den “sozial desintegrierten Erwachsenen, dessen Lebensführung unstet ist und der als Kind häufig Erfahrungen mit Aggression und Sexualität gemacht hat”, bis zur sogenannten “Alterspädophilie, bei der ein beginnender hirnorganischer Abbauprozess bei noch gut erhaltener Vitalität eine Rolle spielt”.

“Inzest und familiärer sexueller Missbrauch kommen in jeder Sozialschicht in etwa gleicher Häufigkeit vor, sind aber bei individuellen Störungen und familienneurotischen Konstellationen gehäuft anzutreffen”, berichtete die Expertin. Die Täter fänden sich auch oft in Mischformen der einzelnen Grundtypen.

Letztlich sollte aber bereits überlegt werden, wie man im Vorfeld einer Gewalttat präventiv eingreifen könne, meinte Pfefferkorn. “Wie können wir als Eltern, Fachleute und auch Medien die Moral bzw. Ethik der Kinder und Jugendlichen stärken und somit ihre Frustrationstoleranz erhöhen? Wie können wir sie vorbereiten, aufklären und stärken? Wie können wir den Betroffenen einen Weg aus den Konflikten zeigen, ohne Gewalt anwenden zu müssen?”

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