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Missbrauch: Tiroler Opferschutzgruppe fordert Entschädigung vom Land

Eine Entschädigungssumme zwischen 15.000 und 25.000 Euro für Opfer von Missbrauchs- und Gewaltübergriffen in Tirol empfiehlt die vom Land Tirol eingerichtete Steuerungsgruppe "Opferschutz". Sie erarbeitete einen Empfehlungskatalog an die Landesregierung, der ihr Mitte August vorgelegt werden soll.

Zudem soll das Land Tirol die Therapiekosten übernehmen. Bisher seien 31 Anzeigen bei der Innsbrucker Staatsanwaltschaft eingegangen, 24 Anstalten seien betroffen, zog Soziallandesrat Gerhard Reheis (S) am Donnerstag in einer Pressekonferenz Bilanz.

Bei allen Übergriffen handle es sich um schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungen, erklärte Rechtswissenschafter und Gruppenmitglied Heinz Barta. Er sprach auch von “Sadismen unglaublicher Art, die man eigentlich eher in Konzentrationslagern erwarten würde als in Jugendheimen”. Die 79 Missbrauchsopfer gaben 89 Beschwerden betreffend physischer und psychischer Gewalt an, 14 Beschwerden betrafen sexuelle Gewalt. Hinsichtlich der materiellen Entschädigung habe man einen Rahmen bis 25.000 Euro vorgegeben. Weil es sich um sehr unterschiedliche Fälle handle, sei eine genau Gewichtung schwierig, meinte Barta. Man werde versuchen, ein möglich gerechtes Urteil zu fällen.

Seit der Einrichtung der Ombudsstelle des Landes im vergangenen März habe man 200 Kontaktaufnahmen verzeichnet, die Übergriffe hätten sich im Zeitraum von 1955 bis 1992 ereignet, sagte Reheis. Primär gehe es um die Anerkennung, dass Unrecht geschehen sei, sagte Waltraud Kreidl, auch Mitglied der Opferschutzgruppe. Das Land Tirol müsse die Verantwortung für die Geschehnisse übernehmen. Es sei wichtig, dass jemand sage: “Das war nicht recht, das hätte nicht geschehen dürfen.” Um die Übergriffsfälle sichtbar zu machen, werde eine Homepage erstellt. Zudem solle die Geschichte der Heimerziehung in Tirol einer historischen Aufarbeitung unterzogen werden.

Mit der Einrichtung einer Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche als Betroffene von sexuellen und gewalttätigen Übergriffen, der Schaffung von ausreichend stationären Plätzen im eigenen Bundesland und der Aufstockung der Sozialarbeiter zählte Kreidl weitere Punkte des Kataloges auf. Außerdem spreche man sich gegen geschlossene Einrichtungen der Jugendwohlfahrt aus: “Wir sehen, wohin das geführt hat. Das ist keine Lösung.” Von den 24 Anstalten seien mit 38 Prozent kirchliche Einrichtungen am häufigsten betroffen, gefolgt von Institutionen des Landes Tirol (24 Prozent) und der Stadt Innsbruck (14 Prozent). Aber auch in Schulen, der Uniklinik und in Vereinen seien Vorfälle passiert.

Besonderen Schutz benötigten auch behinderte und ältere Menschen, meinte Erziehungswissenschafter Christian Aigner und Mitglied der Steuerungsgruppe. Mit Schulungen von Mitarbeitern, einer Ombudsstelle für diese Gruppe von Betroffenen und sexualpädagogischen Fortbildungsmaßnahmen wolle man entgegenwirken. Zudem solle ein Plattform zur Vernetzung aller betroffenen Institutionen wie Schulen oder psychologischer Einrichtungen geschaffen werden.

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