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Miss-World-Teilnehmerinnen abgereist

Die Teilnehmerinnen der Miss-World-Wahl sind am Sonntag abgereist. Bei den Ausschreitungen in Nigeria wurden bislang über 200 Menschen getötet und 600 weitere verletzt.

Bei tagelangen blutigen Protesten gegen die Miss-World-Wahl in Nigeria sind mindestens 215 Menschen getötet worden. Die Ausschreitungen gingen auch weiter, nachdem das Finale bereits am Samstag nach Großbritannien verlegt worden war. Die rund 90 Kandidatinnen flogen am Sonntag nach London. Seit vergangenem Mittwoch hatten aufgebrachte Moslems im Norden des Landes Kirchen demoliert, Barrikaden errichtet und Christen angegriffen. Das Zentrum der Gewalt war die nordnigerianische Großstadt Kaduna. Mindestens 500 Menschen wurden nach Angaben des Roten Kreuzes verletzt, mindestens 4.000 obdachlos. Andere Berichte sprechen von über 1.100 Verletzten.

Die Unruhen in dem von religiösen und ethnischen Spannungen zerrissenen westafrikanischen Land ließen erst in der Nacht zu Sonntag allmählich nach, als Sicherheitskräfte eine Ausgangssperre in Kaduna weitgehend durchsetzen konnten. Der Gouverneur von Kaduna, Ahmed Makarfi, drohte Plünderern und Brandstiftern im Rundfunk mit standrechtlicher Erschießung.

Die Miss-World-Veranstalter hatten das für den 7. Dezember geplante Finale am Samstag verlegt, als auch in der Hauptstadt Abuja hunderte junge Moslems randalierend durch die Straßen zogen. Viele Moslems im Lande kritisierten den Schönheitswettbewerb als unmoralisch und gotteslästerlich. Die Kandidatinnen aus Kanada und Südkorea hatten das Land bereits zuvor verlassen, teilten die Veranstalter. Andere waren gar nicht erst angereist.

Nach den Übergriffen von Moslems stießen am Samstag auf Rache sinnende Christen in Kaduna mit schwer bewaffneten Sicherheitskräften zusammen. Nach Rotkreuz-Angaben wurden die Toten von Helfern in den Straßen gefunden. Nach Aussagen eines BBC-Reporters konnten die Sicherheitskräfte schließlich eine nächtliche Ausgangssperre in Kaduna bis auf einige Bezirke weitgehend durchsetzen. Seit der Einführung des islamischen Scharia-Rechts vor zwei Jahren herrscht in der 340.000-Einwohner-Stadt Hass zwischen Moslems und Christen. Damals starben bei Ausschreitungen 2.000 Menschen. Viele Christen verließen darauf die Stadt.

Die Unruhen waren ausgebrochen, nachdem eine Zeitung einen in den Augen von Moslems blasphemischen Artikel veröffentlicht hatte. Ein Kolumnist schrieb darin, vorangegangene Proteste von Moslems gegen die Miss-Wahl seien übertrieben, und selbst der Prophet Mohammed würde möglicherweise eine der Schönheitsköniginnen heiraten. Auch mit wiederholten Entschuldigungen konnte die Zeitung „This Day“ die einmal eskalierte Lage nicht mehr entschärfen. Herausgeber Simon Kolawole wurde nach Angaben der Zeitung festgenommen und von Sicherheitskräften befragt.

Kommentatoren anderer afrikanischer Staaten übten heftige Kritik an der geplanten Schau schöner Frauen in einem Land, in dem islamische Gerichte bereits mehrere Frauen wegen Ehebruchs zum Tode durch Steinigen verurteilt hatten. Aus diesem Grund hatten auch schon mehrere Miss-World-Kandidatinnen ihre Teilnahme im Vorfeld abgesagt. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview appellierte der Generalsekretär des Obersten Rats für Islamische Angelegenheiten, Lateef Adegbite, an die Moslems, „nun zu verzeihen“.

Der Sekretär des Nationalen Scharia-Rats in Nigeria, Nabiu Baba Ahmed, warf den Organisatoren vor, mit der Ausrichtung der Miss-World-Wahl im heiligen moslemischen Fastenmonat Ramadan die Spannungen im Land geschürt zu haben. „Der Wettbewerb war die Wurzel der Gewalt, nicht der gotteslästerliche Zeitungsartikel allein“, sagte Ahmed.

Exkortiert von starken Sicherheitskräften hatten die Schönheitsköniginnen in der Nacht ihr Hotel in Abuja verlassen, wo auch das Finale geplant war. Miss-Wahl-Sprecher Guy Murray-Bruce meinte in der BBC, die Ausschreitungen hätten ihre Ursache nicht in der Veranstaltung. In London bekräftigte eine Sprecherin der Miss-World-Gesellschaft, die Show werde genau so stattfinden, wie sie ursprünglich geplant worden sei. Die Miss-World-Chefin Julia Morley, die Witwe von Eric Morley, der den Wettbewerb 1951 erfunden hatte, erwartete, am Montag den genauen Austragungsort in London bekannt geben zu können. Man hoffe, die „hässlichen Zwischenfälle“ jetzt hinter sich lassen zu können. Diese Äußerung brachte ihr harsche Kritik ein.

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