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Minsk: Lukaschenko vereidigt

Unnachgiebig hält er an seiner Macht fest. Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko ist am Samstag seine dritte Amtszeit als Staatschef der früheren Sowjetrepublik angetreten.

Doch die Zeremonie im Palast der Republik in Minsk machte deutlich, dass Lukaschenko nach der undemokratischen Präsidentschaftswahl vor drei Wochen nicht nur im eigenen Land umstritten ist, sondern sich auch international zunehmend isoliert: Der Feierlichkeit wohnten keine ausländischen Staatsoberhäupter bei. Nicht einmal der russische Präsident Wladimir Putin, der Lukaschenko bisher unterstützt hat, war gekommen. Die weißrussische Opposition ist zuversichtlich, dass sich Lukaschenko nicht die gesamte Amtszeit an der Macht halten wird.

Tatsächlich hatten sich bei „Batka“ („Väterchen“), wie vor allem die älteren Weißrussen und die Leute vom Lande ihren Präsidenten nennen, in den vergangenen Tagen Zeichen der Schwäche gezeigt. Seine für den 31. März vorgesehene Amtseinführung wurde ohne Nennung von Gründen verschoben. Dass der sonst in den heimischen Medien stets präsente Lukaschenko einige Tage von der Bildfläche verschwand, wertete der Führer der oppositionellen weißrussischen Volksfront, Wintsuk Wjaschorka, als Zeichen der Krise. Die Proteste seien nicht spurlos an Lukaschenko vorübergegangen und seine Regierung sei in Wahrheit nicht so einig, wie sie sich nach außen gebe, sagte Wjaschorka am Freitag. Erschwerend kommt hinzu, dass Russland, Minsks einziger verbliebener Verbündeter von Gewicht, vor wenigen Tagen ankündigte, auch für Weißrussland die Erdgaspreise auf europäisches Niveau anzuheben.

Der von westlichen Politikern als „letzter Diktator Europas“ bezeichnete Lukaschenko errang bei der Wahl laut amtlichen Endergebnis zwar mehr als 80 Prozent der Stimmen. Die Opposition und auch das westliche Ausland erkennen diesen Sieg jedoch nicht an, weil die Wahl weder frei noch fair verlief. Tausende zogen nach der Wahl auf die Straße und riskierten, Opfer der Verhaftungswelle zu werden. Die EU plant ein Einreiseverbot für Lukaschenko und 30 weitere Vertreter Weißrusslands.

Aufgewachsen ist der Mann mit dem markanten Schnauzer in dem Dorf Rischkatidschi etwa 200 Kilometer östlich von Minsk. Hier lebte er zunächst in ärmlichen Verhältnissen, stieg dann aber in die kommunistische Landwirtschafts-Elite auf. 1987 wurde er Direktor einer Kolchose. 1990 wurde er ins weißrussische Parlament gewählt. „Er war wirklich positiv eingestellt und gegen den Kommunismus“, erinnert sich sein ehemaliger Freund Alexander Scherbak, heute Chef der Sozialdemokratischen Partei. Erst später sei Lukaschenko „machtsüchtig“ geworden.

Lukaschenkos politische Karriere gewann 1993 an Fahrt, als er Vorsitzender des parlamentarischen Anti-Korruptionsausschusses wurde. Diesen Posten nutzte er 1994, um sich bei der ersten Präsidentschaftswahl in Weißrussland ins höchste Staatsamt wählen zu lassen. Seither zog er unaufhörlich Macht an sich und gab sie nicht mehr aus den Händen. Mit einem fragwürdigen Verfassungsreferendum ebnete sich Lukaschenko 2004 den Weg für eine dritte Amtszeit. “1994 hat ihn das Volk gewählt, 1996 wurde er der Staat und 2001 ein kleiner Gott“, beschrieb der Oppositionelle Anatoli Lebedko einmal die Karriere des Präsidenten.

In Lukaschenkos Welt gibt es keine Besseren. Der Sportbegeisterte, der sich hier im Bauern-Gewand, da bei einer Hockey-Partie im Fernsehen präsentiert, nimmt regelmäßig an Wintersportwettkämpfen teil. Ihn zu besiegen, ist jedoch verboten. „Man darf ihn beim Hockeyspielen nicht berühren und beim Skifahren nicht überholen“, berichtet Kajak-Olympiasieger Wladimir Parfenowitsch. Gleiches galt für die jüngste Präsidentschaftswahl, als niemand Lukaschenko überholen durfte. Es wird sich zeigen, ob er es auch verhindern kann, dass ihn die Entwicklungen in seinem Land überholen.

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