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Minister Kurz startete Westbalkanreise

Kurz bei dem interreligiösen Treffen
Kurz bei dem interreligiösen Treffen
Mit einem Gespräch zum Thema Jihadismus am Westbalkan mit führenden Kirchenvertretern sowie der kosovarischen Präsidentin Atifete Jahjaga und Innenminister Skender Hyseni hat Außenminister Sebastian Kurz am Montag seinen Besuch im Kosovo und Mazedonien begonnen. Dass sowohl Vertreter der katholischen, der Serbisch-orthodoxen Kirche als auch des Islams kamen, wertete Kurz als "symbolischen Erfolg".


Beschlossen wurde auch eine engere Kooperation im Sicherheitsbereich. Da der traditionelle Weg über die Türkei nach Syrien und in den Irak aufgrund verstärkter Kontrollen an Bedeutung verliere, würden auch potenzielle Jihadisten aus Österreich neue Wege suchen, etwa über den Westbalkan, so Kurz. “Daher ist jegliche Radikalisierung hier automatisch auch eine Bedrohung für uns.” Erfreulicherweise zeige sich die Regierung, die sich bei anderen Themen, wie etwa in der Korruptionsbekämpfung, oft schwerer täte, aber entschlossen, gegen diese vorzugehen. Konkret habe man etwa eine engere Kooperation der Innenministerien sowie “diverser Dienste” vereinbart. Auch daran, “Finanzierungsströme” des Terrorismus einzuschränken, wolle sich Österreich beteiligen.

Einmal mehr appellierte Kurz, “nicht alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen”. Die Masse der Muslime lehne den Terrorismus ab. “Sehr positiv” wertete der Minister, dass ihm auch der Vertreter der Muslime, Mufti Ternava, “zugesichert hat, eine europäische Form des Islams zu wollen”

Die Route von Österreich über den Westbalkan nach Syrien und in den Irak gilt seit längerem als einer der Hauptreisewege für Jihadisten aus ganz Europa. Zudem besteht ein reger Austausch radikaler Prediger zwischen Österreich und dem Westbalkan. Im Zusammenhang mit dem bei einer Islamisten-Großrazzia verhafteten Mirsad O., den die Grazer Staatsanwaltschaft als “Hauptideologen” des Jihad in Österreich sieht, war zuletzt sogar von einem äußerst professionellen Netzwerk radikaler Islamisten die Rede. Laut lokalen Medienberichten soll die bosnische Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass rund 200 führende Jihadisten aus Bosnien, dem serbischen Sandschak und dem Kosovo dieser “bosnischen Zelle” angehören. Ranghohe Mitglieder sollen sich demnach auch immer wieder in Wien aufhalten.

Wie relevant das Thema im Kosovo ist, zeigte eine regelrechte Verhaftungswelle Ende 2014. 55 mutmaßliche Jihadisten wurden festgenommen, unter ihnen 11 Imame wie etwa jener der Großen Moschee in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina, Shefqet K. Nach unterschiedlichen Schätzungen sollen bis zu 200 Islamisten in den “Heiligen Krieg” im Irak und in Syrien gezogen sein, mindestens 16 wurden dabei getötet.

Man müsse sich fragen, warum Jugendliche, die großteils nach dem Kosovokrieg sozialisiert wurden, so empfänglich für den radikalen Kampf im Irak oder in Syrien seien, sagt Argon Bajrami, Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung “Koha Ditore”. Den Grund sieht er unter Verweis auf die hohe Arbeitslosigkeit in der sozio-ökonomischen Situation begründet. Die Arbeitslosigkeit liegt seit 1999 so gut wie unverändert bei 40 Prozent, bei Jugendlichen sind es aktuell sogar 70 Prozent. Armut ist immer noch weit verbreitet: Laut einer Schätzung des nationalen Statistikbüros müssen derzeit rund 35 Prozent der Bevölkerung mit weniger als 1,70 Euro pro Tag auskommen.

Problematisch sei aber auch, “dass der Kosovo noch nicht wirklich weiß, was es heißt ein säkularer Staat zu sein.” Viele Gesetze, die in diese Richtung zielen würden, wie etwa ein Kopftuchverbot, würde die Regierung dann doch nicht durchsetzen, sagt Bajrami. “Weil sie unpopulär sind und Stimmen kosten könnten.” Die überwältigende Mehrheit der 1,78 Millionen Kosovo-Einwohner sind gemäßigte Muslime, die sich zum sunnitischen Islam bekennen.

Nach dem Krieg seien viele von arabischen Staaten oder der Türkei finanzierte NGOs entstanden. Anfangs hätten sie vor allem humanitäre Arbeit geleistet, so Bajrami. Doch nun würden sie versuchen den politischen Islam zurückzubringen. Daher müsste die Regierung viel genauer hinschauen, welches Geld von außen in den Kosovo fließe, sagt der Journalist. “Denn wie kann es sein, dass Organisationen, die anderswo auf der Terrorliste stehen, bei uns Moscheen errichten?”

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