AA

Mindestsicherung startet holprig

Oftmals verschoben kommt die bedarfsorientierte Mindestsicherung jetzt doch. Ebenso holprig, wie der gesamte Entstehungsprozess war, ist allerdings nun auch der Start. Denn nur in drei Bundesländern wird das Zieldatum 1. September eingehalten, in Wien, Niederösterreich und Salzburg.

Die anderen Länder folgen in den kommenden Monaten, teils mit rückwirkender Einführung, teils erst mit 2011. In der Steiermark ist sogar noch völlig unklar, wie die Leistung ausgestaltet wird, erst nach der Landtagswahl ist hier mit einer Klärung zu erwarten.

Dabei war die Mindestsicherung eigentlich so gedacht, dass – neben einer Aufstockung der Mittel im Bedarfsfall – bundeseinheitliche Sätze in der Armutsbekämpfung gefunden werden, gab es doch bisher in der Sozialhilfe zwischen den Ländern teils größere Unterschiede. Wirklich vollzogen wird die Vereinheitlichung auch jetzt nicht. Jedem Land bleibt es überlassen, über die Mindeststandards hinauszugehen, die meisten wollen hier allerdings keine einheitliche Regelung, sondern individuell Zuschüsse gewähren.

In Niederösterreich wurde die Mindestsicherung bereits Mitte Juli im Landtag beschlossen und tritt daher planmäßig kommende Woche in Kraft. Extra Zuschüsse, die monatlich ausbezahlt werden, sind nicht vorgesehen, wurde im Büro von Landesrätin Johanna Mikl-Leitner (V) auf den ohnehin 25-prozentigen Wohnkostenanteil verwiesen, der in der Mindestsicherung inkludiert ist. Eine Möglichkeit für Zusatzleistungen gibt es aber: Im Einzelfall kann man etwa für größeren Anschaffungen oder Mietrückstände zusätzliche Zahlungen im Ausmaß von 744 Euro monatlich beantragen, die auch mehrfach geleistet werden können. Rechtsanspruch darauf besteht allerdings nicht – die Entscheidung fällt die jeweilige Sozialbehörde.

In Salzburg wird der Zeitplan mit dem 1. September ebenfalls eingehalten. Neuanträge stellen kann man beim Arbeitsmarktservice (AMS) oder beim Sozialamt. Im Rahmen der Mindestsicherung können auch noch zusätzliche Wohnkosten gewährt werden, z.B. wenn es sich um eine kinderreiche Familie handelt. Daneben besteht noch die Möglichkeit, um Wohnbeihilfe in der Wohnbauabteilung anzusuchen. Derzeit erhalten im Bundesland 6.700 (von insgesamt rund 220.000) Haushalte Sozialhilfe. Das Land rechnet aufgrund der Einführung der Mindestsicherung mit einer rund 20-prozentigen Steigerung der Bezieher.

Keine Überzahlungen sind in der Bundeshauptstadt geplant. Im Büro von Sozialstadträtin Sonja Wehsely (S) verweist man jedoch darauf, dass Wien bisher als einziges Bundesland eine “Ersatzpension” für Menschen anbiete, die kein oder ein zu geringes Einkommen hatten und bisher das 65. (Männer) bzw. 60. Lebensjahr (Frauen) noch nicht erreicht haben. Diese Dauerleistung werde auch künftig 14 Mal jährlich ausbezahlt. Die Mindestsicherung wird für die jetzigen Sozialhilfeempfängern automatisch überwiesen, ein eigener Antrag ist demnach nicht nötig.

Die anderen sechs Bundesländer haben den ohnehin schon mehrmals verschobenen Starttermin nicht einhalten können oder wollen. Für die betroffenen Sozialhilfe-Empfänger ändert sich also fürs Erste mit September gar nichts. Einige Länder planen aber, das Geld im Nachhinein zu überweisen, wie das funktioniert, ist freilich noch nicht so ganz klar.

Im Burgenland hat der Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Mindestsicherung wenigstens schon die Begutachtungsphase hinter sich. Entweder im Oktober oder im November soll der Landtagsbeschluss erfolgen, hieß es vom Sprecher des zuständigen Landesrats Peter Rezar (S). Die Einführung soll rückwirkend mit September erfolgen. Im Einzelfall wird dabei festgestellt, ob der Bezieher bereits zu diesem Zeitpunkt bezugsberechtigt war. Treffe dies zu, dann sei es logisch, dass der Betreffende ohne zusätzlichen Antrag das Geld auch rückwirkend bekomme. Im Juli haben im Burgenland 819 Personen Sozialhilfe bezogen. Man rechnet, dass es mit der Mindestsicherung eine Steigerung um etwa 20 Prozent gibt.

Anträge auf Bezug der Mindestsicherung sind bei den Sozialämtern – bei Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistraten – zu stellen. Im Sinne des politischen Ziels, möglichst viele Sozialhilfeempfänger wieder ins Arbeitsleben zu integrieren, gebe es auch einen Datenaustausch zwischen dem AMS und den Sozialämtern.

Die Vorbereitungen für die Einführung der Mindestsicherung in Vorarlberg sind laut der zuständigen Landesrätin Greti Schmid (V) in vollem Gange. Das entsprechende Landesgesetz werde im Oktober-Landtag (6. Oktober) beschlossen, hier werde dann auch der derzeit noch offene Zeitpunkt der Einführung festgelegt. Dieser hänge auch von den anderen Ländern ab, die noch nicht alle die 15a-Vereinbarung beschlossen hätten. Für Betroffene ändere sich vorerst nichts an der Vorgehensweise. Anfang September gehe eine Verordnung zum Thema in Begutachtung.

Noch weniger Tempo wird in Tirol gemacht. Dort kann der Gesetzesentwurf zur Mindestsicherung frühestens im November-Landtag Mitte des Monats behandelt werden. Im Büro des zuständigen Soziallandesrat Gerhard Reheis (S) wurde betont, dass erst zu entscheiden sei, ob das Gesetz rückwirkend mit 1. September oder erst ab 1. 1. 2011 gelte. Bei rückwirkender Gültigkeit stehe nach einer Neuberechnung jedem die Differenz zum 1. 9. 2010 zu. “Der bürokratische Aufwand liegt beim Land und nicht bei den Leuten”, sagte ein Sprecher und schloss eine Antragstellung vonseiten der Betroffenen – in Tirol seien es rund 11.000 Menschen – aus. Über allfällige Zusatzleistungen zeigte man sich noch zugeknöpft.

Oberösterreich hat sich bereits festgelegt, dass das Gesetz erst mit Jänner in Kraft tritt. Wesentliche Bestimmungen wie die Richtsatzhöhe von 744 Euro kommen mittels Verordnung auf Basis des geltenden Sozialhilfegesetzes bereits rückwirkend ab 1. September 2010. Ob es individuelle Zuschläge zu den zwölfmal ausbezahlten Richtsätzen gebe oder einfach allgemein ein dreizehnter Richtsatz anteilig zwölfmal ausbezahlt werde, sei noch Gegenstand von Verhandlungen mit Landeshauptmann und Finanzreferent Josef Pühringer (V), erklärte Soziallandesrat Josef Ackerl (S). Betroffene, die ohnehin schon Sozialhilfe beziehen, werden automatisch übergeführt. Sie brauchen keine neuen Anträge zu stellen.

In Kärnten erwartet sich Soziallandesrat Christian Ragger (FPK) den Start der Mindestsicherung mit 1. Jänner. “Momentan ist der Gesetzesentwurf fertig, und geht dann in Begutachtung mit dem Städte- und dem Gemeindebund,” so Ragger gegenüber der APA. Das Bundesland bietet bereits seit 2007 eine sogenannte Grundsicherung an, man habe manche Punkte nur adaptieren müssen. Laut Ragger hat man in Kärnten den engsten Spielraum der Mindestsicherung gewählt. Das heißt, sollte einer Person ein Arbeitsplatz angeboten werden und sie nimmt diesen nicht an, wird die Mindestsicherung um 25 Prozent gekürzt, bei einem weiteren Angebot um 50 Prozent und schließlich droht die Streichung der Unterstützung.

Noch sei in der Mindestsicherung ein Heizkostenzuschuss und das Schulstartgeld integriert, im Herbst stünden hier aber noch Verhandlungen mit dem Gemeindebund an, so Ragger. Personen, die die Mindestsicherung beziehen wollen, müssen einen Antrag bei der Bezirkshauptmannschaft stellen.

In der Steiermark wird die neue Mindestsicherung wegen der geplatzten Parteiengespräche nicht am 1. September in Kraft treten. Die Vorlage des steirischen Sozialreferenten und LHStv. Siegfried Schrittwieser (S) hatte darüber hinaus auf 14- statt zwölfmalige Auszahlung gelautet. Die ÖVP lehnte dies jedoch ab. Zum genauen Ablauf und Details künftiger Modelle könne man nichts sagen, hieß es aus dem Büro Schrittwieser, da man nicht dem (neuen) Landtag vorgreifen könne. Die nächste Sitzung ist rund einen Monat nach der Landtagswahl (26. September) auf Donnerstag, 21. Oktober festgesetzt. Allerdings kann man davon ausgehen, dass in dieser konstituierenden Sitzung solche Themen noch nicht behandelt werden und es überhaupt in diesem Jahr für Verhandlungen zwischen den Parteien knapp werden dürfte. In der Zwischenzeit würden die Sozialhilferegelungen weiterlaufen.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Mindestsicherung startet holprig
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen