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Mindestsicherung: Armutskonferenz will Reform des Sozialhilfevollzugs

Die Armutskonferenz fordert eine grundlegende Reform des Sozialhilfevollzugs. Ohne diese werde die geplante Mindestsicherung ein "Papiertiger" bleiben, erklärte Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.

Zusammen mit weiteren Armutskonferenz-Vertretern präsentierte er eine Studie, die dem Vollzug “grobe und rechtswidrige Mängel” attestiert. Sowohl die Dauer als auch die Höhe der ausgezahlten Leistungen sind demnach meist von der Willkür der Ämter abhängig. Gefordert werden eigene Verfahrensbestimmungen sowie unabhängige Beratungszentren, die die Rechte der Betroffenen einklagen können.

Rund 120 “Non-Profit-Organisationen”, darunter unter anderem die Caritas, Diakonie und Frauenhäuser, hat die Armutskonferenz zur Handhabung der Sozialhilfe in den verschiedenen Bundesländern befragt. Das Ergebnis habe gezeigt, dass zum einen die Kosten für den Lebensbedarf oft nicht bis zur vollen Richtsatzhöhe aufgestockt werden. Auch die tatsächlichen Wohnkosten werden in den meisten Fällen nicht abgedeckt. Zum anderen sei auch die Auszahlungsdauer – in vielen Fällen handle es sich nur um eine einmalige Leistung für einen Monat – meist zur kurz um tatsächliche Notlagen zu entschärfen, wie Martina Kargl von der Wiener Caritas erläuterte.

Weiterer Kritikpunkt sind zu lange Wartefristen: So werde die im Sozialhilfegesetz festgehaltene Soforthilfe häufig nicht eingelöst. Zwischen dem Aufsuchen des Sozialamts und dem tatsächlichen Erhalt von Geld vergehe meist viel Zeit, oft sogar Monate. Auch sind Bevorschussungen von Sozialleistungen laut Studie eher selten und folgen keiner erkennbaren Regel. Weiters berichteten die NPOs von rechtswidrigen Anrechnungen der Familienbeihilfe auf die Sozialhilfe sowie von Falschauskünften durch die Ämter und Demütigungen der Antragsteller.

Die Armutskonferenz schlägt daher – auch anlässlich des morgigen Treffen der Soziallandesräte zur Mindestsicherung – eine ganze Reihe von Reformmaßnahmen vor: Die Einrichtung eines unabhängigen Beratungs- und Rechtsschutzzentrums für Betroffene, qualifiziertes Personal an den Ämtern und ein verbessertes Angebot des Arbeitsmarktservice. “Dreh- und Angelpunkt” eines verbesserten Sozialhilfevollzugs seien aber eigene Verfahrensbestimmungen, so Schenk.

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