So der Polizei-Chef West-Afghanistans, Ikramuddin Jawar, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. “Unter den Toten waren auch Aufständische, aber wir wissen noch nicht wie viele, da wir den Vorfall noch untersuchen.”
Die US-Armee sprach hingegen von 16 Extremisten, die bei dem “Präzisionsschlag” in der Provinz Herat am Montag getötet worden seien, darunter auch der Taliban-Kommandant Gholam Jahia Akbari. “Mit dem Wissen, dass er ein Ziel der Koalitionstruppen ist, zeigt er totale Missachtung gegenüber menschlichen Leben, wenn er aus der Zivilbevölkerung heraus operiert”, sagte ein Sprecher. Offizielle Angaben über tote Zivilisten lägen bisher nicht vor.
Die Vereinten Nationen zeigen sich besorgt über die Transparenz und die Unabhängigkeit der Untersuchungen über zivile Opfer von ausländischen und afghanischen Truppen. Wie aus einem von der UNO am Dienstag veröffentlichten Bericht hervorgeht, sind im vergangenen Jahr in Afghanistan mehr als 2.100 Zivilisten getötet worden, 40 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Ein Viertel davon kam demnach bei Luftangriffen der US- und NATO-geführten Truppen ums Leben.
US-Präsident Barack Obama genehmigte unterdessen eine Aufstockung der US-Truppen in dem Land um 17.000 Soldaten. Die Truppenaufstockung sei notwendig, um die sich verschlechternde Situation zu stabilisieren, erklärte Obama am Dienstag (Ortszeit) in Denver. Es wird erwartet, dass die USA seine Partner auffordern werden, ebenfalls mehr Truppen an den Hindukusch zu entsenden. Deutschland will nach Angaben aus Diplomatenkreisen 600 Soldaten zusätzlich an den Hindukusch schicken. Die Aufstockung ist durch das bisherige Mandat gedeckt, das die Entsendung von bis zu 4.500 Soldaten gestattet.
Obama hat erstmals seit seinem Amtsantritt auch mit dem afghanischen Präsidenten Karzai telefoniert. Damit sei eine neue Seite in den Beziehungen aufgeschlagen worden, sagte ein Sprecher Karzais. Es sei um die Aufstockung der Truppen, Ausrüstung und Ausbildung der afghanischen Armee sowie die Verbesserung der Sicherheitslage gegangen. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern hatten sich unter Obama abgekühlt, da die neue US-Führung Karzais Regierungsfähigkeit infrage stellte. Karzai warf den Amerikanern im Gegenzug eine wachsende Zahl ziviler Opfer im Kampf gegen die Taliban vor.
Die Mehrheit der US-Truppenverstärkung soll in den Süden Afghanistans entsandt werden. Sie sollen das Patt in der Region zwischen den Taliban und den vorwiegend aus Großbritannien, Kanada sowie den Niederlanden stammenden NATO-Truppen aufbrechen. Die Amerikanern erhöhen mit der Aufstockung ihre Truppenpräsenz auf 55.000 Soldaten. Es wird erwartet, dass weitere 5.000 Soldaten folgen werden, so dass die US-Armee insgesamt 60.000 Männer und Frauen für den Kampf gegen die Taliban abstellt. Am Hindukusch sind weitere 30.000 Soldaten aus 40 Nationen stationiert, die meisten aus NATO-Ländern.
Im Bemühen um eine Verbesserung der angespannten Beziehungen reist Karzai am Donnerstag nach Pakistan. Bei seinem kurzen Besuch soll Karzai mit seinem pakistanischen Kollegen Asif Ali Zardari und Regierungschef Yousuf Raza Gilani zusammentreffen, teilte am Mittwoch das Außenministerium in Islamabad mit. Zwischen beiden Ländern gibt es Spannungen, weil aufständische Taliban aus Afghanistan und Kämpfer des Terrornetzwerks Al Kaida pakistanische Grenzregionen als Rückzugsort nutzen.
Wegen des Grüßens ausländischer Soldaten haben radikalislamische Taliban in der zentralafghanischen Provinz Wardakin nach offiziellen Angaben zwei Schüler getötet. Der 20-jährige Ahmad Khalid und der ein Jahr jüngere Eid Gul hätten ein Gymnasium im Distrikt Sayed Abad besucht, sagte ein Sprecher der Provinzregierung am Mittwoch. Die beiden jungen Männer hätten Soldaten eines vorbeifahrenden Konvois der Internationalen Schutztruppe ISAF gegrüßt und ein paar Worte Englisch mit ihnen gesprochen. Die Taliban hätten die beiden Schüler daraufhin verschleppt und getötet. Ihre Leichen seien am vergangenen Montag in der Nähe ihrer Häuser abgelegt worden.
Die Taliban teilten dagegen auf ihrer Webseite mit, die beiden jungen Männer seien “Spione” der amerikanischen Truppen gewesen. Sie seien nach einem entsprechenden Urteil eines Taliban-Gerichts hingerichtet worden. Die Taliban haben in den vergangenen Jahren Dutzende Dorfbewohner getötet, denen sie Spionage für die ausländischen Truppen oder die afghanische Regierung vorwarfen.