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Millionen-Buße gegen österreichische Banken

Acht österreichische Banken müssen wegen unerlaubter Preisabsprachen eine Buße von etwa 124,26 Mio. Euro zahlen. Dem "Lombard-Club" wurden Absprachen vorgeworfen.

Der „Klub“ gehörte jahrelang zu den bemerkenswertesten Erscheinungen in der heimischen Banker-Szene: Die monatlichen Treffen der Spitzenbanker im so genannten Lombard-Klub, haben Österreichs Kreditinstituten nun tatsächlich die Aburteilung durch die EU wegen Zinsabsprachen und eine saftige Strafe beschert. Die österreichischen Banken haben die Existenz des Lombard-Klubs – der Name geht auf die Lombard Street im Londoner Finanzzentrum zurück – nicht bestritten, aber argumentiert, die Auswirkung auf die Preise sei vernachlässigbar gewesen. In der EU-Kommission hingegen war von einem „kurzen, aber schwerwiegenden Kartell“ die Rede.

Ein „freier Gedankenaustausch unter Managern aus der gleichen Branche“, so hatte der nunmehrige Präsident der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und damalige Notenbank-Generaldirektor Adolf Wala die Mittagessen bezeichnet, zu denen die Spitzen der heimischen Kreditbranche bis Sommer 1998 jeden zweiten Mittwoch eines Monats im Wiener Nobel-Hotel Bristol zusammengetroffen sind. Die Anfänge reichen bis in die fünfziger Jahre.

Der Banker-Klub war im Frühjahr 1997 nach dem Selbstmord von Kontrollbank-Chef Gerhard Praschak in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Im Juni 1998 ließ die EU-Kommission in einigen österreichischen Großbanken Hausdurchsuchungen vornehmen. Der Verdacht lautete auf illegale Preisabsprachen bei Bankgebühren im Zuge regelmäßiger Treffen im so genannten „Lombard-Club“. Nach eigenen Angaben fand die EU-Kommission dabei „umfangreiches Beweismaterial“, wobei sie in den Computern der Banken angeblich nur „Lombard“ eintippen mussten, um fündig zu werden. Auf dieser Grundlage wurde 1999 eine Liste von Vorwürfen zusammengestellt und zunächst acht Banken vorgehalten. Eröffnet wurde das Verfahren Mitte September 1999.

Die FPÖ hatte im Juni 1997 im damals bei der EU-Kommission schon laufenden Verfahren ebenfalls eine Klage gegen die österreichischen Banken eingebracht. Sie erhielt Parteienstellung und damit Anspruch auf Zusendung der Liste der Vorwürfe, bereinigt um Inhalte, die von den Banken als vertraulich eingestuft wurden. Die heimischen Banken klagten aber vor dem Gericht erster Instanz in Luxemburg (EU-Gericht) gegen die Übermittlung der bereinigten Unterlage an die FPÖ. Dieses Verfahren verloren sie im Dezember 2001, da jeder Verfahrenspartei, unabhängig davon ob es ein Konkurrenzunternehmen, eine Privatperson oder eben eine politische Gruppierung ist, die gleichen Dokumente zustehen, wie die Richter in Luxemburg urteilten. Der Vorwurf der Preisabsprachen bei Bankgebühren wurde im November 2000 noch auf Absprachen bei Umtauschgebühren in der Eurozone ausgeweitet.

Aus einer ursprünglich sehr kleinen Wiener Runde in den 50-er Jahren – „wenn die beiden sich etwas ausgemacht haben, hat das für alle gegolten“, so ein Insider – wurde im Laufe der Jahre ein Treffpunkt für die gesamtösterreichische Bankenprominenz. „Erst als wir ihnen am Markt weh getan haben, wurden wir auch eingeladen. Die hatten sich bis dahin in Wien untereinander etwas ausgemacht und sich dann beschwert, dass die, die nicht mitreden durften, sich nicht daran gehalten haben“, zitierte das Nachrichtenmagazin „profil“ Mitte 1998 einen Bundesländer-Banker.

Ein tatsächliches Zinskartell hatte es bis Ende der 80-er Jahre gegeben, als die so genannten Ordnungspolitischen Vereinbarungen (OPV) für eine einigermaßen vereinheitlichte Vorgangsweise im österreichischen Bankwesen sorgten. Die OPV waren 1985 zwischen den Instituten abgeschlossen worden und 1989 als „nicht mehr marktgerecht“ aufgekündigt worden. Dass einander die Banker in der Folge noch mehrere Jahre allmonatlich zu ihren „Lombard“-Mittagessen im Hotel Bristol einfanden, hatte in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen.

Die EU-Wettbewerbshüter sind für mögliche wettbewerbsbehindernde Absprachen erst seit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 zuständig.

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