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Militärputsch erschüttert Guinea-Bissau

Putschende Militärs haben im westafrikanischen Kleinstaat Guinea-Bissau die Regierung entmachtet. Präsident und Regierungschef befinden sich in Gewalt der Militärs.

Präsident Kumba Yala und Ministerpräsident Mario Pires wurden am Sonntag im Gebäude des Generalstabs der Streitkräfte festgehalten, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Militärkreisen in Bissau erfuhr. Die Putschisten setzten ein Militärkomitee ein und kündigten die Bildung einer Übergangsregierung sowie Neuwahlen an. Die ehemalige Kolonialmacht Portugal drückte ihre Sorge über den Staatsstreich aus und forderte die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung.

In einer im privaten Rundfunksender Bombolong verlesenen Erklärung bekannte sich eine Gruppe von Militärs und ehemaligen Mitgliedern der (1999 regierenden) Militärjunta zu dem Putsch. Es sei eine Ausgangssperre verhängt worden, sagte Kommandant Zamora Induta. Das frühere Junta-Mitglied rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Ziel des Staatsstreichs sei die Bewahrung der Demokratie und die Verhinderung eines Bürgerkrieges, den Ministerpräsident Pires in seinem Wahlkampf angekündigt habe, sagte Induta. Ursprünglich sollten am 12. Oktober Parlamentswahlen stattfinden. Induta warf Pires, vor, „unfähig“ zu sein, die Probleme des Landes zu lösen und durch ausstehende Löhne soziale Spannungen ausgelöst zu haben.

Die Putschisten kündigten an, alle politischen Strömungen des Landes an einer Übergangsregierung zu beteiligen. Wie der portugiesische Rundfunksender RDP Africa meldete, soll zusätzlich ein vom Militär geführtes Beratungskomitee eingesetzt werden, in das auch Verteter aus Religion und Zivilgesellschaft aufgenommen werden sollen.

Generalstabschef Verissimo Seabra Correia sagte im portugiesischen Fernsehsender RTP, er werde als Chef eines „Militärkomitees zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen und demokratischen Ordnung“ bis zu den Neuwahlen an der Spitze des Staates stehen. Ein mögliches Datum für Neuwahlen nannte er nicht. Nach der Auflösung des Parlaments im November 2002 waren die Parlamentswahlen bereits vier Mal verschoben worden. Über Präsident Yala sagte Correia, er habe nichts persönlich gegen ihn. Yala könne im Land bleiben oder es verlassen, das müsse er selbst entscheiden. Einem RTP-Korrespondenten zufolge stellte sich Yala den Putschisten in der Nacht freiwillig, um einer Festnahme zuvorzukommen.

Auf den Straßen der Hauptstadt Bissau war es ruhig, Gewehrfeuer war nicht zu hören, berichtete ein AFP-Korrspondent. Auf den großen Straßen waren Soldaten zu sehen. Die Straßen um den Palast der Republik, den Sitz des Präsidenten, waren abgesperrt. In den Außenbezirken war das öffentliche Leben nicht beeinträchtigt.

Guinea-Bissau liegt südlich von Senegal in Westafrika. 1974 wurde das kleine Land von Portugal in die Unabhängigkeit entlassen, seither hat es nicht aus Armut und politischer Instabilität herausgefunden. Zwischen 1998 und 1999 war Guinea-Bissau nach einem Militäraufstand von einem Bürgerkrieg erschüttert worden. Mindestens 100 Menschen starben dabei. Der damalige Präsident Joao Bernardo Vieira wurde gestürzt und ging nach Portugal ins Exil. Yala war 2000 zum Präsidenten gewählt worden. Seitdem hatte das Militär ohne Erfolg zwei Putschversuche unternommen.

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