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Migration: 2021 laut Experte nicht wie 2015

Ein Fachmann beim Thema Migration hat sich zu Afghanistan geäußert.
Ein Fachmann beim Thema Migration hat sich zu Afghanistan geäußert. ©REUTERS/Ringo Chiu (Symbolbild)
Gerald Knaus, Migrationsexperte aus Österreich, hat eine Warnung vor der momentan europaweit hervorgerufenen Angst vor einer potenziellen Flüchtlingswelle aus Afghanistan vorgebracht. Darüber hinaus hat er auf 2015 zurückgeblickt.

Die heutige Situation sei nicht mit jener von 2015 zu vergleichen, betonte er am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal". Die wirkliche Frage sei vielmehr, "wie kriegen wir Leute, die wir aufnehmen wollen, eigentlich heraus?".

Migrationsexperte blickt auf 2015

2015 hätten Millionen von Menschen problemlos aus Syrien über die offene Grenze in die Türkei fliehen können, wo auch die allermeisten geblieben seien, sagte Knaus. Ein Teil lediglich habe sich via Ägäis eben auf den Weg nach Europa gemacht.

"Heute ist die Situation radikal anders", so Knaus, Leiter der in Berlin ansässigen European Stability Initiative (ESI). "Die Menschen kommen aus Afghanistan - wie wir ja sehen auf den dramatischen Bildern aus Kabul sehen - nicht raus." Die radikal-islamischen Taliban kontrollierten Land und Grenzen, und auch die Nachbarländer und die Türkei hätten angekündigt, ihre entsprechenden Grenzen zu schließen, so der Migrationsexperte.

Migrationsforscher über Grenzen

Auf den von österreichischen Politikern immer wieder bemühten, angeblichen "Pull-Faktor" angesprochen, sagte der Migrationsforscher, viele Länder hätten einerseits ihre Grenzen militarisiert und würden Menschen "ohne Verfahren einfach zurückstoßen." Gleichzeitig verharre man in der Haltung, man dürfe kein Zeichen der Empathie setzen. "Obwohl die Brutalität an den Grenzen dafür sorgt, dass kaum noch jemand kommt, haben wir trotzdem noch ständig die gleiche, vollkommen irrationale Sorge, Menschen zu gut zu behandeln."

Angesprochen auf den von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zurückgewiesenen, jüngsten Vorstoß von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, legale Fluchtrouten für besonders gefährdete Personen und Resettlementprogramme einzurichten, sagte Knaus, in Deutschland gebe es mit Ausnahme der AfD und trotz des Wahlkampfes einen politischen Konsens, besonders bedrohte Personen wie Frauen, Aktivistinnen oder Künstler in Deutschland aufzunehmen. "Ich finde es schade, dass die Politik der österreichischen Regierung die Politik der AfD ist", so Knaus. Wenn alle so handeln würden wie die österreichische Regierung, dann gebe es überhaupt keinen Flüchtlingsschutz mehr. Er betrachte es als "vollkommen sinnlos" sich auf diese Weise als Hardliner aufzuspielen.

Abschiebezentren außerhalb Afghanistans

Die ebenfalls von Nehammer geforderten Abschiebezentren in den Nachbarländern Afghanistans hält der Migrationsexperte für "absurd". "Ich kenne kein anderes Land, das darüber nachdenkt, jetzt diplomatisch Kapital der EU dazu einzusetzen, Nachbarländer davon zu überzeugen, aus der EU Afghanen zurückzunehmen, anstatt die Nachbarländer davon zu überzeugen, Afghanen ins Land zu nehmen, die Schutz brauchen." Genau darauf komme es aber jetzt an.

Ähnliche Aussagen machten in den vergangenen Tagen unter anderem der österreichische Sicherheitsexperte und Ex-Bundesheerbrigadier Walter Feichtinger sowie der deutsche Migrationsforscher Steffen Angenendt.

(APA/Red)

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