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Michael Heltau: Ein glücklicher "Bühnenmensch" wird 75

Ehrungen und Feierlichkeiten braucht der vor drei Jahren mit dem "Nestroy"-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnete Doyen des Wiener Burgtheaters, Michael Heltau, zum 75er nicht. Er ist auch so mit seinem Leben überaus zufrieden.

“Mehr habe ich nicht haben können”, versichert der Kammerschauspieler wenige Tage vor seinem Geburtstag, den er am 5. Juli begeht und der dennoch kein Anlass zu besonderer Freude sein soll: “Ich freue mich ununterbrochen.”

Wenn es schon keinen Galaabend gibt, so ist eben mit Monika Mertls “Auf Stichwort: Michael Heltau” (Deuticke Verlag) wenigstens ein ungewöhnliches Porträt-Buch erschienen, das den Wahl-Wiener, der sich mehr “als Bühnenmenschen denn als Schauspieler” beschreibt und zuletzt vorwiegend als Chansonnier und Entertainer auftrat, dem Publikum näher bringt.

Michael Heltau wurde am 5. Juli 1933 als Heribert Michael Huber in Ingolstadt geboren. Er verbrachte in der Obhut von Großeltern und Urgroßeltern eine glückliche Kindheit und übersiedelte 1939 nach Seewalchen am Attersee, wo der Vater Arbeit beim Autobahnbau gefunden hatte. Er besuchte das Gymnasium in Gmunden, wurde 1945 mit der Familie aus Österreich ausgewiesen und maturierte in Ingolstadt. Der Schauspielerin Käthe Dorsch war sein mimisches Talent bereits bei einer Kindertheater-Aufführung aufgefallen und so stolperte der Bub, früh und nachhaltig gefördert, rasch in den Schauspielerberuf, für den er wie geschaffen schien.

Von 1951 bis 1953 besuchte Heltau das Max Reinhardt-Seminar in Wien. Sein erstes Engagement erhielt er 1953 am Stadttheater Würzburg, 1954 kam er an das Bayerische Staatsschauspiel München und 1956 an die Wiener Josefstadt. Von 1964 an wirkte Heltau bei den Salzburger Festspielen mit (1973 wirkt er etwa in Strehlers berühmt gewordener Shakespeare-Collage “Das Spiel der Mächtigen” mit). 1967 debütierte er am Burgtheater, dessen Ensemblemitglied er seit 1972 und dessen Ehrenmitglied er seit 2003 ist. 1993 wurde er vom Ensemble zum bisher jüngsten Doyen des Hauses gewählt – ein Vertrauen, das der Schauspieler, der falsche Töne und aufgesetztes Spiel hasst und an den Größen seines Faches ihre unbedingte Leidenschaft schätzt, als überaus ehrenvoll empfand.

Heltau, der 1968 die Österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekam, spielte nahezu alle großen Theaterrollen – den Romeo, den Hamlet (im Volkstheater unter Direktor Gustav Manker), den Don Carlos, den Misanthrop, den Anatol und den Fritz in Schnitzlers “Liebelei”, den Wallenstein, den Jago in Shakespeares “Othello” (der 1982 in München unter der Regie des von ihm geschätzten Peter Palitzsch zu einem der wenigen Flops seiner Karriere wurde) oder den Mozart in Shaffers “Amadeus”. Er fasste auch Fuß auf der Musicalbühne: In Udo Jürgens Musical “Helden, Helden” (nach Shaw) spielte er ab 1972 den Bluntschli im Theater an der Wien. Den “Professor Higgins” aus “My Fair Lady” verkörperte er an der Wiener Volksoper (die ihm 2004 die Ehrenmitgliedschaft verlieh) ebenso wie 1995 den “Hamlet” in der Opernversion des Shakespeare-Stücks von Ambroise Thomas oder den alternden Lebemann Honore Lachailles in “Gigi” (1999).

Unter Burgtheaterdirektor Claus Peymann reihte sich Heltau zunächst in die Riege der karenzierten Burgmimen, hatte dann aber in Gorkis “Kinder der Sonne”, in Pirandellos “Heinrich IV.” und als Tschechows “Onkel Vanja” Erfolge. 1994 spielte er im Haus am Ring unter der Regie des von ihm verehrten Giorgio Strehler, für den er 1986 als Mackie Messer das Wagnis einer französischsprachigen “Dreigroschenoper” in Paris eingegangen war, den Cotrone in Luigi Pirandellos “Die Riesen vom Berge”, 1999 im Akademietheater an der Seite von Kitty Speiser “Das Spiel ums Baby” von Edward Albee. 2004 trat er in “Love Letters” das letzte Mal in einem Theaterstück auf. Seither ist er nur noch in Lesungen, Shows wie “Best of Brel” oder Solo-Abenden wie “Statt zu spielen” auf der Bühne zu erleben.

Heltaus zweite Karriere als Chansonnier und Entertainer begann 1965 mit einer Sprechplatte, einer Aufnahme seines Soloabends mit “Werthers Leiden”, dem weitere LPs wie “Heltau singt Brel” folgten. Auf der Bühne feierte er u.a. mit seinen mit Loek Huisman konzipierten Programmen “Auf d’ Nacht Herr Direktor”, “Aber jetzt, Herr Direktor”, “Noch einmal Herr Direktor” oder “Im Rampenlicht” große Erfolge. Zahlreiche Auftritte und Tourneen machten den Chansonsänger Heltau weit über die Theaterszene hinaus bekannt.

Von 1976 bis 1988 präsentierte er die ZDF-Reihe “Liedercircus”. Arbeiten für Film und Fernsehen befriedigten den Schauspieler, der in Wien-Salmannsdorf lebt, auf Grund des mangelnden Publikumskontaktes dennoch nie wirklich und blieben daher überschaubar. Unter den zahlreichen Rollen (und Theaterdirektionen), die er in seiner Karriere ablehnte, befindet sich auch die des Doktor Brinkmann in der Fernsehserie “Schwarzwaldklinik”. Dass er andernfalls nie mehr eine Bühne betreten könne, ohne, dass das Publikum den weißen Arztmantel dazu imaginiere (wie Claus Peymann einmal über Klausjürgen Wussow ätzte), hatte er rechtzeitig erkannt.

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