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Michael Chalupka zum neuen Evangelischen Bischof gewählt

Michael Chalupka erhielt 47 der 62 abgegebenen Stimmen.
Michael Chalupka erhielt 47 der 62 abgegebenen Stimmen. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Samstag ist Michael Chalupka zum neuen evangelisch-lutherischen Bischof gewählt worden. 

Michael Chalupka ist der neue evangelisch-lutherische Bischof. Der 58-jährige gebürtige Grazer ist von der Synode am Samstag in Wien im zwölften Wahlgang gewählt worden. Er tritt Anfang September die Nachfolge von Michael Bünker an.

Der Wahl stellten sich insgesamt drei männliche Kandidaten. Es bedurfte zwölf Wahlgänge und zahlreicher Diskussionen, bis einer der Kandidaten die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreichte. Er wurde schließlich mit 47 von 62 abgegebenen Stimmen zum neuen Evangelischen Bischof gekürt. Chalupka nahm die Wahl “dankend” an.

Experte für “Gott und die Welt” ist Bischof

Dass Michael Chalupka (58) die nötigen Voraussetzungen für das evangelische Bischofsamt mitbringen würde, war unbestritten – vor allem in Zeiten eines strengen politischen Kurses in der Sozialpolitik. Der gebürtige Grazer war 24 Jahre lang Direktor der Diakonie. In seiner Kolumne in der “Kronen Zeitung” präsentiert sich der medienaffine Pfarrer als Experte für “Gott und die Welt”.

Dass sich Chalupka regelmäßig zu Themen wie Armut, Asyl, Arbeitslosigkeit und Pflege äußert, gehört zur Natur eines Diakonie-Direktors. Und doch war er zumeist eine Spur schneller und schärfer als seine Pendants bei der katholischen Caritas. Chalupka gilt als ehrgeizig, seine Wortwahl ist unverblümt. Dies ist wohl auch seiner Ausbildung als evangelischer Theologe in Wien und Zürich geschuldet, die er 1983 mit seiner Sponsion abschloss.

Chalupka hat Herz für Migranten

Ein Herz für Migranten schlägt in Chalupka auch aufgrund seiner Familie: Sein Vater stammt aus der Vojvodina und machte in Österreich Karriere als Beamter. Heute wäre dies wohl so nicht mehr möglich, betont dessen Sohn immer wieder im engen Kreis. Geboren wurde Chalupka am 21. Juli 1960 in Graz, seine Mutter arbeitete als Lehrerin – auch er war zwei Jahre lang als Religionslehrer in Wien tätig.

Nach einem zweijährigen Italienaufenthalt als Studienleiter am Centro Ecumenico d’Agape in Prali arbeitete Chalupka in der evangelischen Seelsorge, seine Ordination zum Pfarrer erfolgte 1991. Stationen seines Berufslebens waren unter anderem Vikar in Hallein sowie Fachinspektor für den evangelischen Religionsunterricht in der Steiermark. 1994 wurde er zum Direktor der Diakonie Österreich bestellt.

1995: Chalupka war Mitinitiator der Armutskonferenz

1995 war Chalupka Mitinitiator der Armutskonferenz. Dementsprechend trat er während seiner Amtszeit als Diakonie-Chef und darüber hinaus wortgewaltig für die schwächsten Bevölkerungsgruppen ein. Ende August 2018 übergab er seine Aufgabe als Direktor der evangelischen Pfarrerin Maria Katharina Moser. Zeitgleich übernahm er die zweite Geschäftsführung der Diakonie Eine Welt und führt derzeit auch die Geschäfte der Diakonie Bildung.

Chalupka gilt als belesen und interessiert an Kunst und Architektur. Auch die Kulinarik zählt zu seinen Hobbys. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Will “Brücken bauen”

Chalupka dankte unmittelbar nach seiner Wahl den Synoden-Mitgliedern für ihr Vertrauen. Er danke allen, sagte er. Chalupka, der im September dem scheidenden Bischof Michael Bünker im Amt nachfolgen wird, betonte das Gemeinsame: “Mir ist es wichtig, auf die Einheit zu achten, aufeinander zuzugehen, Brücken zu bauen, das ist uns allen aufgetragen.”Er danke auch der Synode, “für die Ernsthaftigkeit”, mit der der Urnengang behandelt worden sei. Er habe die Wahl nicht als “Pferderennen” betrachtet, sondern als “geistlichen Akt”, und ein solcher sei sie auch geworden. “Ich möchte Euch versprechen, dass es für diese Kirche viele Abenteuer im Glauben gibt, aber keinen abenteuernden Bischof, der diese Kirche gefährden will”, so Chalupka zu seiner künftigen Amtsführung.

Als eines seiner Ziele nannte er, Strukturen bauen zu wollen, “die andere weiter begehen können. Denn die Kirche besteht vor uns und sie wird auch nach uns bestehen. Dazwischen ist es unsere Aufgabe (…), hier unseren Dienst zu versehen”. Die beiden unterlegenen Kandidaten, Pfarrer Andreas Hochmeir aus Oberösterreich und Kärntens Superintendent Manfred Sauer, gratulierten Chalupka zur Wahl.

Wahl blieb spannend

Die Kür des neuen Bischofs zog sich den ganzen Nachmittag hin, nachdem am Vormittag die Kandidaten den Synoden-Mitgliedern ihre Vorstellungen präsentiert hatten und gestaltete sich gegen Ende hin zunehmend spannend. Zunächst zog Sauer nach dem sechsten Wahlgang seine Kandidatur zurück, das Rennen zwischen Chalupka und Hochmeir ging dann aber noch bis in den Abend weiter.

In der elften Runde konnte dann erneut keine für die Kür notwendige Zweidrittel-Mehrheit gefunden werden, Chalupka kam auf 40, Hochmeir auf 22 Stimmen. Daraufhin wurde die Wahl zum wiederholten Mal für eine Debatte unterbrochen, in der dann offenbar die entscheidende Zahl der Synoden-Mitglieder für Chalupka gewonnen werden konnten. In der zwölften Runde schließlich entfielen von 62 abgegebenen Stimmen 47 auf Chalupka, 14 Wahlberechtigte votierten für Hochmeir, eine Stimme war ungültig. Hätte es bis zur (möglichen) 13. Runde keine Zweidrittel-Mehrheit gegeben, wäre die gesamte Wahl als gescheitert gewertet worden und hätte zur Gänze wiederholt werden müssen.

Evangelischer Wahlmarathon endete mit Bischof Chalupka

Bis die Nachfolge des aus Altersgründen ausscheidenden Michael Bünker geklärt war, brauchte es aber nicht weniger als zwölf Wahlgänge in der Synode. Wären nicht im letzten Moment ein paar Unterstützer seiner Gegner umgekehrt, hätte der gesamte Prozess neu gestartet werden müssen.Drei Bewerbungen um das höchste Amt der evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnis (A.B.) waren eingegangen. Neben Chalupka trauten sich die Bünker-Nachfolge auch Kärntens Superintendent Manfred Sauer und Pfarrer Andreas Hochmeir aus Oberösterreich zu, der sich als Kandidat der Mitte positioniert hatte. Letzterer erwies sich schließlich als der härtere Kontrahent.

Schon in den ersten Wahlgängen war Sauer, der als Bischof versöhnte Verschiedenheit lebbar machen wollte, deutlich abgeschlagen. Doch erst als er auf fünf Stimmen herunterplumpste, gab er nach Wahlgang sechs auf. Da war das ganze Prozedere schon rund neun Stunden im Laufen.

Das Sauer-Lager neigte schließlich deutlich Chalupka zu. Im zwölften und damit vorletzt möglichen Wahlgang schaffte es der langjährige Direktor der Diakonie, der sich über Jahrzehnte als Wortgewaltiger Sozialexperte profiliert hatte, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zu erzielen. Hätte diese am Samstag kein Kandidat geschafft, wäre die gesamte Wahl neu aufgesetzt worden und bei Bünkers Abtritt im September hätte der dienstälteste geistliche Oberkirchenrat interimistisch übernehmen müssen.

Die evangelisch-lutherische Kirche in Österreich

Die evangelische Kirche A.B, deren neuer Bischof Michael Chalupka heißt, zählt rund 278.000 Gläubige in 191 Gemeinden und sieben Diözesen. Unter den 244 Pfarrern befinden sich knapp 86 Frauen. Der Zusatz A.B. bedeutet, dass es sich um die lutherische Kirche des Augsburger Bekenntnisses (A.B.) handelt. Weiters gibt es die wesentlich kleinere reformierte Kirche des Helvetischen Bekenntnisses (H.B.).Die lutherische Kirche A.B. teilt sich in die Diözesen Wien (inkl. Nordosten Niederösterreichs), Niederösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten-Osttirol, Oberösterreich und Salzburg-Tirol. Vorarlberg wird von der reformierten Kirche mitbetreut. Die evangelische Kirche ist demokratisch (“synodal”) organisiert. Die Gremien sind paritätisch mit Geistlichen und Laien besetzt. Alle Amtsträger werden gewählt, die Synoden sind die obersten Gesetz gebenden Organe. Es gibt keine Durchgriffsmöglichkeiten des Bischofs auf die Superintendenten oder der Superintendenten auf die Gemeinden.

Die Geschichte der evangelischen Kirche reicht hierzulande bis ins 16. Jahrhundert zurück. Damals feierte die Reformation in Österreich große Erfolge. Durch die katholische Gegenreformation in der Barockzeit wurde sie wieder weitgehend zurückgedrängt. Erst das Toleranzpatent 1783 von Kaiser Joseph II. ließ wieder die Gründung von Gemeinden zu. Der Titel Bischof sollte damals aber der römischen Kirche vorbehalten bleiben. Die evangelischen Würdenträger mussten sich “Superintendent” nennen. Erst 1944 entschloss sich der Oberkirchenrat, als obersten Repräsentanten aus seiner Mitte einen Bischof zu wählen.

(APA/Red)

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