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©Archivbild - AP-APA

Merkel rügt Kurz wegen Moria-Flüchtlingen

Einem Medienbericht zufolge kritisierte Deutschlands Kanzlerin: Die Rolle Österreichs in der europäischen Flüchtlingspolitik ist „nicht gut“ - Unterstützung bekommt Kurz von Vorarlbergs Landeshauptmann. LR Rüscher ist hingegen für eine Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Moria-Flüchtlingen.
Bild an Kurz: "Werden Sie nicht zum Herzlos-Kanzler"

Erst die größte Zeitung des Landes mit der "Bild" (siehe Anhang) und jetzt auch noch die deutsche Bundeskanzlerin. Deutschland attackiert Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz in diesen Tagen scharf. Einem neuen Medienbericht der "Bild" zufolge kritisierte Deutschlands Kanzlerin Österreichs Kanzler und Regierung mit diesen Worten: Die Rolle Österreichs in der europäischen Flüchtlingspolitik sei „nicht gut“ - Man könne keinen finanziellen Rabatt (beim EU-Mitgliedsbeitrag) fordern und sich gleichzeitig bei der Verteilung von Flüchtlingen raushalten wollen.

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Grüne stimmen gegen Aufnahme von Moria-Flüchtlingen

ÖVP und Grüne haben unterdessen am Montag in einer Sondersitzung im Nationalrat die Anträge u.a. von SPÖ und NEOS zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria abgelehnt. Die Grünen deshalb, um den Koalitionsfrieden mit der ÖVP nicht zu gefährden.

Klubchefin Sigrid Maurer hatte schon am Sonntag klar gemacht, dass sie zwar für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Camp auf der Insel Lesbos wäre, dass sie aber trotzdem nicht mit der Opposition stimmen wird. "Wenn wir dafür stimmen, begehen wir Koalitionsbruch", sagte Maurer. Und die ÖVP habe "unmissverständliche Signale" gesendet, in so einem Fall mit der FPÖ stimmen zu wollen.

Die Freiheitlichen hatten im Vorfeld der Sitzung einen Entschließungsantrag angekündigt, in dem Kanzler Kurz aufgefordert wird, „auf nationaler Ebene sicherzustellen, dass eine Aufnahme von Moria-Migranten nicht stattfindet“. Außerdem solle Kurz eine Aufnahme auch auf EU-Ebene ablehnen. 

Kurz zu seiner Einstellung bei Moria

Österreich will vor Ort für eine menschenwürdige Versorgung sorgen. Außerdem habe das Land in diesem Jahr 3700 Kinder aufgenommen, sagte Kurz.

Vorarlbergs Landeshauptmann unterstützt die Regierung

Der Vorarlberger ÖVP-Landesparteiobmann Landeshauptmann Markus Wallner hält die Entscheidung der Bundesregierung, Hilfe vor Ort zu leisten, für richtig. "Für ein kleines Land wie Österreich ist das ein wesentlicher Beitrag, um die Lage vor Ort nachhaltig zu verbessern", so Wallner gegenüber der APA.

Rüscher für eine Aufnahme

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP, 48) sprach sich dagegen am Sonntag im VN.at-Wahlstudio für die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus: „Ich persönlich wäre auch bereit selbstverständlich unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Vorarlberg ist gerüstet“, sagte Rüscher, die auch als Regionalkoordinatorin für Flucht und Asyl tätig war. „Wir sind alle Menschen, und Menschsein heißt, wir helfen zusammen – sei es während Corona oder sei es in Zeiten der Flüchtlingssituation."

SPD fordert Aufnahme von tausenden Menschen in Deutschland

Zehn europäische Staaten haben sich zur Aufnahme von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen bereiterklärt.

Deutschland hatte sich auf Bitten Griechenlands bereit erklärt, 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufzunehmen. Die SPD fordert jedoch eine Zusage der Union, mehrere Tausend Menschen nach Deutschland zu holen.

Mit Blick auf das europäische Handeln sagte Kurz: "Was es nicht braucht, ist Symbolpolitik, sondern viel mehr braucht es echte, nachhaltige finanzielle Unterstützung für die betroffenen Gebiete, eine wirtschaftliche Perspektive für den afrikanischen Kontinent und einen effektiven Schutz unserer Außengrenzen."

Beteiligen sich Österreich und die EU an Griechenland-Camp?

Die EU-Kommission hat noch keine Entscheidung über eine Beteiligung an der Verwaltung eines neuen Flüchtlingslagers auf der griechischen Insel Lesbos getroffen. Die Behörde sei offen für eine gemeinsame Verwaltung, sagte ein Kommissionssprecher am Montag. "Die Idee wird weiter diskutiert."

Österreich unterstütze das Vorhaben, dass das neue Camp nicht nur von griechischen Behörden, sondern gemeinsam mit der Europäischen Kommission betrieben wird, hieß es in einer Stellungnahme des Bundeskanzleramtes für die APA. Zwar will sich die ÖVP nicht an der Aufnahme von Geflüchteten aus Moria beteiligen, die Regierung sagte aber bereits am Wochenende Soforthilfe für Griechenland zu.

Nach Angaben aus dem Bundeskanzleramt will Österreich noch diese Woche mit Unterkünften für 2.000 Flüchtlinge, Hygienepaketen und Sanitäranlagen helfen. Zudem stünden ein Arzt und zehn Sanitäter des Bundesheeres bereit. Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis von der Nea Dimokratia (ND), Schwesternpartei der Türkisen, bedankte sich dafür am Montag bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) telefonisch, wie das Bundeskanzleramt der APA mitteilte.

Die "Bild"-Zeitung berichtete unterdessen am Montag, auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel setze sich dafür ein, dass ein neues Flüchtlingslager auf Lesbos künftig von der EU selbst aufgebaut und betrieben werde.

Fünf Jahre Flüchtlingskrise

Wir schaffen das!" Exakt fünf Jahre ist es her - da ist dieser Satz der deutschen Kanzlerin Angela Merkel berühmt geworden. Er ist es bis heute. Im Sommer vor fünf Jahren, da wurde Europa, damit auch Österreich und Tirol Ziel einer Flüchtlingsbewegung ungeahnten Ausmaßes. Wie haben wir es tatsächlich geschafft damals? Fünf Jahre später schauen wir zurück.

(APA)

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