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"Meine Kinder dachten, ich werde sterben": Kiss-Cam-Frau bricht erstmals ihr Schweigen

Kristin Cabot und ihr damaliger Chef Andy Byron wurden bei einem Coldplay-Konzert von der Kiss-Cam gefilmt.
Kristin Cabot und ihr damaliger Chef Andy Byron wurden bei einem Coldplay-Konzert von der Kiss-Cam gefilmt. ©Screenshot X/Canva
Ein Coldplay-Konzert in Boston, ein virales Video – und ein Leben, das aus den Fugen gerät. Fünf Monate nach dem Kiss-Cam-Eklat spricht Kristin Cabot erstmals über die Folgen.

Im Juli dieses Jahres wurden Kristin Cabot und ihr damaliger Vorgesetzter Andy Byron bei einem Coldplay-Konzert in Boston von einer sogenannten Kiss-Cam eingefangen. Die Szene, die die beiden eng umschlungen auf der Stadionleinwand zeigte, erreichte allein auf TikTok über 100 Millionen Aufrufe.

Cabot bricht nun ihr Schweigen. In der "New York Times" äußerte sich die 53-Jährige fünf Monate nach dem Vorfall erstmals öffentlich: "Es hilft mir nicht", sagte sie.

"Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt"

Cabot war zu diesem Zeitpunkt Personalchefin beim US-Techunternehmen Astronomer, Byron der CEO. Sie beschreibt die Szene auf der Leinwand rückblickend als Schock: "Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Was Sekunden zuvor ‚Freude, Freude, Freude‘ war, schlug schlagartig in Angst um."

Sie habe in dem Moment daran gedacht, dass ihr Ehemann Andrew Cabot – von dem sie bereits getrennt lebte – ebenfalls im Stadion war. Und: "Andy ist mein Boss." Sie sei "so beschämt und so entsetzt" gewesen: "Ich bin die Chefin der Personalabteilung, und er ist der CEO. Das ist so klischeehaft und so schlimm."

Panikattacken – und Paparazzi, die vor dem Haus lauerten

Bereits in derselben Nacht habe Cabot Panikattacken erlitten. Um vier Uhr morgens erhielt sie einen Screenshot des Videos. Ihr sei sofort klar geworden: "Dass nicht nur Andrew und der Aufsichtsrat das jetzt wissen werden."

Kurz darauf wurden ihre Privatadresse und Telefonnummer im Internet veröffentlicht. Unbekannte riefen sie dutzendfach täglich an, über soziale Netzwerke erhielt sie zudem Morddrohungen. "Meine Kinder dachten, ich werde sterben. Und sie auch." Autos fuhren langsam an ihrem Haus vorbei, Paparazzi hätten vor dem Grundstück gewartet. Ihre Kinder hätten sich nicht mehr aus dem Haus getraut.

Rücktritt und private Folgen

Cabot bezeichnete ihr Verhalten im Interview als Fehltritt: "Ich habe eine schlechte Entscheidung getroffen und unangemessen mit meinem Chef getanzt", sagte sie. "Ich habe die Verantwortung übernommen und meine Karriere dafür aufgegeben." Sie und ihr damaliger Chef Andy Byron verließen in der Folge das Unternehmen. Während Byron als CEO zurücktrat, kündigte Cabot ihre Stelle als Personalchefin bei Astronomer.

Die Folgen reichten weit in Cabots Privatleben hinein. Cabot wurde an einer Tankstelle beschimpft, eine Bekannte fotografierte ihre Tochter heimlich am Pool. Besonders belastend sei für sie gewesen, dass sich auch enge Freunde und Kollegen abwandten. "Wenn Menschen mir den Rücken kehren, ist das schlimmer als die Frauen an der Tankstelle, die mich anschreien", sagte sie.

Belastung für die Familie

Cabot sagte, die schärfste Kritik sei von Frauen gekommen. "Was ich in den letzten Monaten gesehen habe, erschwert es mir zu glauben, dass es nur die Männer sind, die uns klein halten. Ich denke, wir machen uns selbst enorm klein, indem wir uns gegenseitig fertig machen."

Die Belastung für ihre Familie war erheblich. Cabot berichtete, sie habe unter anhaltenden Panikattacken gelitten, ihr Alltag sei stark eingeschränkt gewesen. Ihre Kinder hätten therapeutische Unterstützung benötigt. "Ich wusste nicht, wie ich meine Kinder richtig unterstützen sollte", sagte sie.

"Du hast niemanden umgebracht"

Zu Andy Byron habe sie heute kaum noch Kontakt. Dass sie einen Fehler gemacht habe, sei ihr bewusst. Eine Freundin habe ihr jedoch einen Satz gesagt, der sie in der schwersten Zeit begleitet habe: "Du hast niemanden umgebracht."

Astronomer gilt als wachstumsstarkes US-KI-Startup mit einem Marktwert von rund 1,1 Milliarden Euro. Andy Byron war dort von Juli 2023 bis Juli 2025 als CEO tätig.

(VOL.AT)

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