Mehrjährige Haftstrafen für Bankomat-Sprenger in Wien
Vier Fälle waren verfahrensgegenständlich. Bei den Angeklagten handelt es sich um Holländer mit nordafrikanischen Wurzeln (24, 33 und 36 Jahre). Sie bekannten sich jeweils schuldig. Das Gericht verurteilte das Trio nicht rechtskräftig zu Haftstrafen in Höhe von neun, zwölf und acht Jahren.
Das Trio war am Donnerstag wegen schwerem Einbruchsdiebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel und schwerer Sachbeschädigung angeklagt. Die Männer zeigten sich bereits zu Beginn der Verhandlung alle vollinhaltlich geständig.
"Schnelles Geld" als Motiv
"Ihm wurde schnelles Geld versprochen", erzählte der Verteidiger des 24-Jährigen, wie alles seinen Lauf nahm. Er sprach von 80.000 Euro, die dem Vater einer kleinen Tochter damals in Aussicht gestellt worden seien. Das Geld hätte seiner Familie zukommen sollen. Sein Mandant, der als Paketbote arbeite und im Rahmen einer früheren Verurteilung in den Niederlanden als nicht zurechnungsfähig eingestuft wurde, stamme aus sozial schwachen Verhältnissen. Er habe in der Folge schließlich dem Angebot eines Mittelsmanns zugestimmt, sich auf kriminelle Weise Geld zu beschaffen, sagte der Angeklagte, der sich selbst als "Mitläufer" bezeichnete.
Er sei daher nach Österreich gereist. Am 12. Februar kam es schließlich zu seinem ersten Coup bei einer Bankfiliale in der Wienerbergstraße gemeinsam mit dem 33-Jährigen. Der Coup in Wien scheiterte, weil der Sprengstoff nicht explodierte. Drei Tage später hatten sie laut Anklage in Salzburg mehr Glück. Nachdem sie einen Bankomaten mit einem Brecheisen aufgezwängt hatten, brachten sie ein Sprengstoffpaket an, das sie per Fernzündung zur Detonation brachten. Die Beute machte rund 108.000 Euro aus.
Polizei nach 80 Sekunden am Tatort
Schließlich kam es am 6. April zum letzten Coup, an dem alle drei Angeklagten beteiligt waren. Mit einem unbekannten Mittäter jagten die Männer drei Geldausgabeautomaten im Foyer einer Bankfiliale in der Vorgartenstraße in Wien-Leopoldstadt per Kabelfernzündung von außerhalb in die Luft. "Die Polizei war jedoch bereits nach 80 Sekunden vor Ort, weil die Filiale als Risikofiliale ausgemacht wurde", schilderte der Staatsanwalt.
Es kam zur Konfrontation mit der Exekutive. Während der 24-Jährige durch Schüsse im Gesäß verletzt wurde, schafften es die anderen Männer auf Motorrollern zu flüchten. Für den angeschossenen Holländer klickten hingegen die Handschellen.
Auch der 36-Jährige stamme aus schwierigen Verhältnissen, schilderte sein Verteidiger Klaus Ainedter: "Sonderschule, falsche Umstände, falsche Freunde". Er verwies zudem darauf, dass der IQ des Mannes laut einem Test nur bei 75 liege. Er sprach auch der ermittelnden SOKO Bankomat des Bundeskriminalamts ein Kompliment aus. "Es wird hier nicht viel zu verteidigen geben", sagte Ainedter. Er verwies zudem darauf, dass sein Mandant "immer schon dem Glücksspiel zugetan" gewesen sei. Auch der zweifache Vater, dem die Staatsanwaltschaft neben den drei Coups zusammen mit dem 24-Jährigen auch einen Bankomateneinbruch in einer Bankfiliale in Wien-Liesing zur Last legt, sei mit schnellem Geld gelockt worden. "Der Organisator hat gesagt es gibt einen guten Job in Wien", erinnerte er sich.
Keine Aussagen zu Hintermännern
Der 33-Jährige, dem die Anklage lediglich die Bankomatensprengung in der Wiener Vorgartenstraße vorwirft, erklärte vor Gericht, dass er Geld für die Behandlung seines schwerstbehinderten Sohnes benötigt habe. Sein Verteidiger Michael Dohr plädierte in diesem Zusammenhang für ein mildes Urteil.
Zu ihren Kontaktmännern wollten sich die drei Angeklagten am Donnerstag nicht äußern. "Ich will nicht, dass meiner Familie etwas passiert", schilderte Dohr die Motive dahinter. Wenn sie nach Österreich gekommen seien, sei jedenfalls bereits "alles vorbereitet" gewesen - inklusive Fluchtfahrzeugen -, sagte der 33-Jährige. Die Staatsanwaltschaft sprach am Donnerstag von "professionell organisierten Strukturen" und einer eigenen "Bankomatsprengerszene". Die Männer sind wegen schweren Einbruchsdiebstahls, vorsätzlicher Gefährdung durch Sprengmittel und schwerer Sachbeschädigung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung angeklagt.
Der Richter berücksichtigte am Donnerstag die Geständnisse für sein Urteil, hielt jedoch auch fest, dass es für Bankomatsprengungen stets ein "ausführendes Organ" brauche. Er wolle darum nicht gelten lassen, dass die Angeklagten lediglich auf Anweisung von Hintermännern gehandelt hätten. Er verurteilte den 24-Jährigen zu neun Jahren Haft, der 36-Jährige und der 33-Jährige fassten jeweils zwölf bzw. acht Jahre Haft aus. Die Männer müssen zudem die Schadenssummen bezahlen, die den geschädigten Banken bzw. Unternehmen entstanden. Die drei Verteidiger der Männer meldeten Nichtigkeitsbeschwerde an. Die Urteile sind damit nicht rechtskräftig.
(APA/Red)