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Medienlogistik-Insolvenz setzt Verlage unter Druck

Die Insolvenz der Medienlogistik Pichler-ÖBZ bringt Österreichs Verlage unter Druck.
Die Insolvenz der Medienlogistik Pichler-ÖBZ bringt Österreichs Verlage unter Druck. ©pixabay.com (Symbolbild)
Der zweitgrößte Buch-Auslieferer Österreichs und Buch-Großhändler Medienlogistik Pichler-ÖBZ ist insolvent. Das bringt die heimische Verlagslandschaft in Turbulenzen.

Von einem "Erdbeben für die gesamte österreichische Verlags- und Buchhandelslandschaft mit noch nicht absehbaren Folgen" spricht der Verleger Nikolaus Brandstätter gegenüber der APA. "Rund 80 Verlage sind betroffen, darunter vier der fünf großen österreichischen Publikumsverlage."

Medienlogistik-Insolvenz setzt Verlage unter großen Druck

Der Brandstätter Verlag sehe sich dadurch "von heute auf morgen mit einer drastischen Situation konfrontiert. Unser gesamtes Weihnachtsgeschäft aus dem österreichischen Buchhandel ist noch offen. Wir gehen nach ersten Berechnungen von einem Gesamtschaden im hohen sechsstelligen Bereich aus", so der Verleger, der nicht nur mit dem Zahlungsausfall zu kämpfen hat, sondern auch die Lieferbarkeit seiner Bücher auf dem österreichischen Markt wieder sicherzustellen versucht und eine Abwanderung von Sachbuchautoren zu deutschen Verlagen befürchtet.

Medienlogistik hat jährlich rund 8 Millionen Bücher ausgeliefert

Medienlogistik Pichler-ÖBZ hat jährlich rund 8 Millionen Bücher ausgeliefert und betreute große heimische Verlage wie Amalthea Signum, Kremayr & Scheriau oder Styria, aber auch etwa Braumüller, Jungbrunnen, Molden oder Müry Salzmann. Diese Verlage "hängen vorerst einmal vollkommen in der Luft - und mit ihnen ihre Autorinnen und Autoren. Wie groß der Schaden ist, der bei ihnen durch diese Insolvenz angerichtet wird, muss ganz schnell erhoben und dann noch schneller behoben werden", fordert Gerhard Ruiss, der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren. "Was die betroffenen Verlage und Autoren jetzt dringend brauchen, ist Unterstützung von vor allem wirtschaftlicher Seite, angefangen von der Wirtschaftskammer bis zum Wirtschaftsministerium."

Gespräche über wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen laufen

Erste Gespräche über wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen sollen bereits laufen. Schließlich steht Ende April mit dem Gastlandauftritt Österreichs auf der Leipziger Buchmesse ein prestigeträchtiger und öffentlich geförderter Branchenhöhepunkt bevor. "So kann man jedenfalls ganz sicher keinen erfolgreichen internationalen Auftritt der österreichischen Verlage beim Österreich-Schwerpunkt begehen, wenn man nicht vorher alles dafür getan hat, dass die in die Insolvenz der Medienlogistik Pichler-ÖBZ hineingezogenen Verlage und Autoren unbeschadet wieder aus ihr herauskommen", so Ruiss zur APA. Dies sei nicht nur eine kulturpolitische, sondern auch eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit.

Das Kulturministerium bestätigte auf APA-Anfrage, dass man derzeit im Austausch mit mehreren Vertretern von Verlagen stehe, um den durch die Insolvenz der Medienlogistik entstandenen Schaden für die Buchbranche einzuschätzen und sich ein umfassendes Bild der Situation zu machen. "Die Frage, ob und welche konkreten Maßnahmen notwendig sein werden, kann erst mit Fortschreiten des Insolvenzverfahrens beantwortet werden", heißt es in dem Statement.

Hauptverband des Buchhandels spricht von bis zu 2 Mio. Euro Schaden

Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels geht von einer Schadenssumme von 1,5 bis 2 Mio. Euro für die österreichische Verlagsbranche aus, Geschäftsführer Gustav Soucek bezeichnet die Insolvenz gegenüber der APA als "schweren Schlag für die gesamte Buchbranche". Es sei aktuell nicht gesichert, inwieweit die Forderungen der Verlage erfüllt werden können. Das aktuelle Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung, das am 25. Jänner eröffnet wurde, beabsichtige eine Quote von 20 Prozent, was nur einem geringen Teil der offenen Forderungen entspreche.

Auch für das Unternehmen selbst, den Eigentümer und alle Mitarbeiter, sei diese Insolvenz "eine außergewöhnliche Belastung und wird, unabhängig vom Ausgang der Sanierung, eine schmerzhafte Zäsur darstellen", so Soucek. Die aktuelle Zahlungsunfähigkeit der Medienlogistik sei nach den Insolvenzen der Buchauslieferungen Hain (Österreich) im Jahr 2018 und KNV (Deutschland) im Jahr 2019 der dritte systemrelevante Ausfall einer Buchgroßhandlung. "Es ist ein neuerlicher Wendepunkt für die gesamte Branche in Österreich, denn auch im Buchhandel wird es Auswirkungen geben: jedes zweite Schulbuch, jedes dritte Sachbuch und jedes vierte Kinder- und Jugendbuch wurde von MELO ausgeliefert." Der Hauptverband hofft, dass die Sanierung gelingt und die finanziellen Auswirkungen der Insolvenz "durch die vereinten Anstrengungen der Menschen in der österreichischen Buchbranche gemeistert werden können".

(APA/Red)

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