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Medienbericht: Außenministerium bearbeitete Islam-Kindergarten-Studie

Hat das Ministerium von ÖVP-Chef Kurz (l.) die Studie von Ednan Aslan (2. v. l.) bearbeitet?
Hat das Ministerium von ÖVP-Chef Kurz (l.) die Studie von Ednan Aslan (2. v. l.) bearbeitet? ©APA
Die viel beachtete Kindergartenstudie des Islamforschers Ednan Aslan dürfte vom Außenministerium bearbeitet worden sein. Das legt ein Bericht des "Falter" nahe. Demnach nahmen Beamte des Ressorts von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, das die Studie in Auftrag gegeben hatte, auch inhaltliche Korrekturen vor, die eine möglichst ungünstiges Bild in den Islam-Kindergärten darstellen sollten.
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Dem “Falter” liegt das Word-Dokument inklusive Korrektur-Modus vor. Demnach wurden etwa Passagen, wo die Qualifikation der Pädagogen gelobt wurde, gestrichen und umgedeutet. Ein weiteres Beispiel: Aslan schrieb, dass auch muslimische Eltern in den Kindergärten für ihre Kinder “Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit der Kinder, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme und Geborgenheit, Selbstständigkeit und Transparenz der Regeln” suchten. Ein Beamter des Ministeriums formuliert stattdessen: “Besonders wichtig ist ihnen (den Eltern, Anm.), dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden”.

Ein Sprecher von Außenminister Kurz betonte, dass sein Chef nichts von den Korrekturen gewusst habe. Aslan verteidigte sich gegen Kritik an seiner Studie: “Ich stehe hinter dem Bericht bis auf den letzten Punkt.” Jene inhaltlichen Änderungen, die von Beamten des Außenministeriums vorgenommen worden seien, seien von ihm persönlich angeordnet worden: “Ich würde niemandem erlauben, mir für meine Arbeit Anweisungen zu geben”, sagte er im Gespräch mit der APA.

Aslan: “Persönliche Beleidigung”

Die Vorwürfe, wonach die Studie vom Ministerium überarbeitet worden sei, stellen für Aslan eine “wissenschaftliche Diffamierung und persönliche Beleidigung” dar. Man habe den Bericht ergänzen müssen, “um weitere Komplikationen zu vermeiden”. Was er damit genau meint, sagte Aslan im APA-Gespräch nicht. Der Wissenschafter war im Zusammenhang mit der Studie in Kritik von muslimischen Organisationen geraten und soll auch Klagsdrohungen ausgesetzt gewesen sein.

Der für Kindergärten zuständige Wiener Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) will nach dem Falter-Bericht über die mutmaßliche Bearbeitung der Kindergarten-Studie von Ednan Aslan durch Beamte des Integrationsministeriums zunächst abwarten. Allerdings versicherte er am Dienstag gegenüber der APA: “Wenn das auch nur im Ansatz stimmt, bin ich ehrlich bestürzt.”

Steinhauser empört

Der Grüne Klubobmann Albert Steinhauser zeigt sich empört. Kinderbetreuungseinrichtungen und Bildungseinrichtungen dürften nicht für innenpolitische Zwecke missbraucht werden. “Klar ist, wo es Einfluss von Islamisten auf Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, muss konsequent durchgegriffen werden. Aber es ist absolut inakzeptabel, bei einem sensiblen Thema innenpolitisch motiviert Studien zu manipulieren und tendenziös zu ändern”, schreibt Steinhauser in einer Aussendung.

Für den Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel sind die Vorwürfe rund um die Kindergartenstudie von Ednan Aslan “inszenierte Aufregung”. Wesentlich sei, dass Aslan zu den Inhalten der Studie stehe und “das hat er ganz deutlich klargestellt”, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme. “Der einzige Skandal ist der Zustand in den islamischen Kindergärten in Wien”, so Blümel.

Studie sorgte für Diskussionen

Die Erhebung des Islamforschers Ednan Aslan über die Islamkindergärten sorgte 2015 für Debatten – und eine Verstimmung zwischen Integrationsministerium und Rathaus. Nachdem ein – später als Vorstudie titulierter – Text öffentlich bekannt geworden war, zitierte Minister Sebastian Kurz (ÖVP) die beiden zuständigen Wiener SPÖ-Stadträtinnen zu sich. Der damalige Medientermin verlief wenig harmonisch.

Die damals für Jugend bzw. Bildung zuständigen Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger urgierten Fakten und übten Kritik an pauschalen Urteilen. Kurz versicherte jedenfalls: “Es hat sich aus meiner Sicht dargestellt, dass es Probleme gibt.” Die Gefahr, dass Parallelgesellschaften “herangezüchtet” würden, bestehe – da Kinder religiös und ethnisch getrennt in Kindergruppen betreut würden.

Neue Studie im Herbst

Die Rathaus-Politikerinnen versicherten, dass man gemeinsam gegen Radikalismus und Extremismus kämpfen wolle. Leider seien Kurz und Aslan die Namen von konkreten Kindergärten, die angeblich sofort geschlossen hätten werden sollen, schuldig geblieben, wurde beklagt. Trotz aller Dissonanzen einigte man sich auf ein gemeinsames Vorgehen: Eine Studie soll das Thema umfassend erörtern. Sie soll bis Herbst 2017 vorliegen und von insgesamt sechs Autoren – darunter auch Aslan – erarbeitet werden.

Außerdem erstellt die Stadt derzeit einen Religionsleitfaden für private Träger. Dieser soll – ergänzend zum Bildungsplan – konkrete Vorgaben machen, wie religiöse Inhalte adäquat zu vermitteln sind. Das Handbuch wird im Herbst präsentiert, kündigte Bildungsstadtrat Czernohorzsky zuletzt an.

(APA)

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