Mauretanien: Unblutiger Putsch
Der bisherige Polizeichef Ely Ould Mohammed Vall (55), ein langjähriger Vertrauter des während eines Auslandsaufenthalts gestürzten Präsidenten Maaouya Ould SidAhmed Taya, übernahm den Vorsitz des 17-köpfigen Militärrates für Gerechtigkeit und Demokratie.
Die Lage in dem westafrikanischen Land war am Donnerstag ruhig. Die internationale Gemeinschaft verurteilte den Putsch. In der Hauptstadt kam es zu Freudenkundgebungen über den Machtwechsel. Die Mitarbeiter der bisherigen Regierungspartei verließen die Parteizentrale.
Dem Militärrat gehören auch der Chef der Präsidentengarde, Oberst Mohammed Abdel Aziz, der Adjutant des abgesetzten Präsidenten, Oberst Mohammed Ould Abdi, und der Kommandant der Militärregion Nouakchott, Oberst Mohammed Ould Znagui, an. Der entmachtete Präsident Taya war am Dienstag zur Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten für den saudiarabischen König Fahd nach Riad gereist. Oberst Vall stand bereits an der Seite von Taya, als dieser sich 1984 an die Macht putschte. Er ist für sein besonnenes Wesen bekannt und seit 1987 Polizeichef.
Während des Putsches am Mittwoch waren im Zentrum der Hauptstadt und in der Nähe des Präsidentenamtssitzes vereinzelt Schüsse schwerer Waffen und Maschinengewehrsalven zu hören gewesen. Nach Angaben von Polizei und Militär handelte es sich um Warnschüsse. Am Donnerstag öffneten Ämter und Geschäfte in Nouakchott wieder; der Flughafen war wieder geöffnet. Er war am Mittwoch vorübergehend für den zivilen Luftverkehr geschlossen worden, um eine Rückkehr des gestürzten Präsidenten zu verhindern. Auch in anderen Teilen des Landes war die Lage nach Berichten von Augenzeugen ruhig. Die neuen Machthaber verhängten weder eine Ausgangssperre noch ordneten sie Kontrollen an. Polizei und Sicherheitskräfte hielten sich zurück.
Im Juni 2003 und im August und September vergangenen Jahres hatte es bereits drei fehlgeschlagene Putschversuche gegeben. Taya war 1992 zum Präsidenten gewählt und 1997 und im November vergangenen Jahres im Amt bestätigt worden. Die Opposition hatte die Wahl als Maskerade kritisiert.
UN-Generalsekretär Kofi Annan sei tief beunruhigt über den Sturz der verfassungsmäßigen Regierung, sagte ein Sprecher in New York. Politische Meinungsverschiedenheiten müssten friedlich und auf demokratischem Wege gelöst werden. EU-Entwicklungskommissar Louis Michel erklärte in Brüssel, er bedauere die gewaltsame Machtergreifung durch das Militär. Der in der Verfassung verankerte Rechtsrahmen müsse respektiert werden. Die USA verlangten, der demokratisch legitimierte Präsident Taya müsse an der Macht bleiben. Taya gilt als enger Verbündeter Washingtons, obwohl sich die USA in der Vergangenheit über Menschenrechtsverletzungen in dem Land (mit über 99-prozentiger muslimischer Bevölkerung), das Mitglied der Arabischen Liga ist, besorgt gezeigt hatten.