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Massenverhaftungen in Kuba

Vielleicht hat es Oswaldo Paya dem Europaparlament zu verdanken, dass er noch ein freier Mann ist. Denn in Kuba kommt es derzeit die Massenverhaftungen.

Als Mitte März in Kuba 78 friedliche Regimekritiker festgenommen und kurz darauf zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden, blieb der 51-jährige Dissident fürs erste unbehelligt. Im Dezember 2002 war ihm in Straßburg der Sacharow-Preis für Gedankenfreiheit verliehen worden, und seitdem genießt er einen gewissen Bekanntheitsgrad. Auf seiner Europareise war er sogar von Papst Johannes Paul II. und dem damaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel empfangen empfangen worden.

Paya fürchtet aber, dass die Repressionswelle gegen die illegale Opposition auf Kuba auch ihn erfassen könnte. „Doch ich werde nicht aufgeben, und ich werde Kuba auch nicht verlassen“, bekräftigt der Menschenrechtler, der von Havel sogar als Kandidat für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde, bei einem Gespräch in seiner Wohnung in Havanna.

Paya ist einer der geistigen Väter des Reformprojektes „Varela“, mit dem Kuba von einer Ein-Parteien-Diktatur in eine pluralistische Demokratie verwandelt werden soll. Im Mai vorigen Jahres hatte er beim kubanischen Volkskongress 11.000 Unterschriften dafür eingereicht. Das Volksbegehren wurde zurückgewiesen und Dutzende Koordinatoren des Varela-Projektes verhaftet. Es würden dennoch weiter Unterschriften gesammelt, versichert Paya.

Der Sacharow-Preisträger begrüßt die Haltung der Europäischen Union, die aus Protest gegen die Unterdrückung der Regimekritiker Anfang Juni beschloss, die politischen Kontakte zu Kuba einzuschränken. Von staatlichen Protestkundgebungen, wie vorige Woche vor den Botschaften Spaniens und Italiens in Havanna, sollten sich die Europäer nicht beeindrucken lassen.

Ähnlich urteilt Elizardo Sanchez, ein weiterer prominenter Dissident, der sich noch auf freiem Fuß befindet. Ihn beunruhige, wie wenig sich das kommunistische Regime um sein Ansehen im Ausland schere und wie zielstrebig es das Land in die Isolierung führe.

Die Lage der Häftlinge bezeichnet der Menschenrechtler, der selbst achteinhalb Jahre im Gefängnis zubringen musste, als katastrophal. „Sie wurden in Strafanstalten hunderte Kilometer von ihren Heimatorten entfernt gebracht. Man sperrte sie in enge Einzelzellen ohne fließendes Wasser. „In den Zellen wimmelt es von Ratten und Ungeziefer“, sagt Sanchez im dpa-Gespräch.

Er versichert, dass längst nicht alle 78 Verurteilten an Treffen mit dem US-Diplomaten James Cason, dem Leiter der Ständigen US-Vertretung in Havanna teilgenommen hatten. Die Aktivitäten Casons, der Dissidenten besucht und ihnen Räume in seiner Residenz zur Verfügung gestellt hatte, waren von der kubanischen Regierung als Aufhänger für die Verhaftungswelle genutzt worden. „Möglicherweise ist Cason zu weit gegangen. Viel wichtiger ist aber, dass die kubanische Regierung zu weit gegangen ist“, sagt Sanchez.

Sanchez lobt die aus seiner Sicht besonnene Haltung der Europäer. Jene hätten eine Eskalation vermieden und sich von den Massenaufmärschen sowie von der Schließung des spanischen Kulturzentrums in Havanna nicht zu härteren Maßnahmen provozieren lassen. „Ich glaube, die kubanische Regierung sucht förmlich die Selbstisolierung, damit sie sich um den Rest der Welt nicht mehr zu scheren braucht“, sagt Sanchez.

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