Ab Freitag läuft die autobiografische Geschichte in den Kinos. “Les Garcons et Guillaume, a table“, heißt der Film viel treffender im französischen Original und steckt damit eindeutig das Thema ab: Guillaume ist anders als seine zwei Brüder.
Maman und ich: Die Geschichte
Er interessiert sich für Mode und Kosmetik, plaudert am liebsten mit den Frauen in seiner Familie und versteht es verblüffend, diese nachzuahmen. Sport und Männergehabe sind ihm verhasst. Am liebsten zieht er Frauenkleider an oder verkleidet sich als Kaiserin Sisi. Beim Studienaufenthalt in Spanien tanzt er mit Begeisterung Flamenco. Bloß will bald keine Frau mehr mit ihm tanzen. Guillaume tanzt nämlich selbst wie eine. Für die Umgebung ist es sonnenklar: Guillaume ist schwul. Er selbst ist sich da nicht so sicher und sieht sich in eine Rolle gedrängt, von der er noch nicht weiß, ob er sie annehmen will.
Guillaume Gallienne ist ein etablierter Theaterschauspieler, Mitglied der hoch renommierten Comedie Francaise und Gewinner des französischen Theaterpreises Moliere. Der Film ist die Weiterentwicklung einer One-Man-Bühnenshow, in der er charmant seine Geschichte erzählt, und dabei hingebungsvoll auch die eigene Mutter spielt, streng, männlich wirkend, dominant. Dass diese sich als drittes Kind ein Mädchen gewünscht hätte, ist nicht ganz schuldlos an dem sich entwickelnden Dilemma, in dem Tragik und Komik nahe beieinander liegen.
Maman und ich: Die Kritik
Die Theater-Performance wird mit filmischen Rückblenden ergänzt. Diese zeigen pointiert und überzeichnet die Umgebung, die den weichen, sich selbst suchenden jungen Mann ständig drangsaliert, einordnen und zurichten will. Ein Höhepunkt ist dabei ein Aufenthalt in einem deutschen Kurhotel, in der Guillaume von Diane Kruger als Krankenschwester per Einlauf-Spritze entjungfert wird und ein muskulöser Masseur ihm ziemlich nahe kommt.
Dass dieser Debütfilm trotz seiner Unentschlossenheit zwischen Theater- und Kino-Setting herrlich funktioniert, komisch und berührend zugleich ist, ist das eine Wunder, das “Maman und ich” gelingt. Dass er ganz anders endet als erwartet, das andere. Dass Guillaume Gallienne ähnlich wie Tom Neuwirth alias Conchita Wurst mit hohem persönlichen Risiko für eine liberale Gesellschaft eintritt, die die Freiheit des Einzelnen respektiert, so sein zu dürfen wie er oder sie sich fühlt, gibt dieser gelungenen Unterhaltung zudem eine positive Botschaft mit, die absolut unterstützenswert ist.
(APA)