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Mahler auf der Couch

Tiefer Blick ins Unterbewusstsein einer Ehe: Kinostart zum 150. Geburtstag des Komponisten am 7. Juli - Karl Markovics analysiert als Sigmund Freud den gehörnten Ehemann Gustav Mahler.
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Alles andere als einen “Gustav-Mahler-Historienfilm” hatten Regisseur Percy Adlon und sein Sohn Felix im Sinn, als sie an ihrem gemeinsamen Film “Mahler auf der Couch” arbeiteten. Und die Ankündigung hat gehalten: Der 105-minütige Streifen, der rechtzeitig zu Mahlers 150. Geburtstag (7. Juli) in die österreichischen Kinos kommt, zeichnet ein un- sowie außergewöhnliches Bild der letzten Lebensjahre des Komponisten und seiner fatalen Liebe zu Alma Schindler. Ausgehend von einem verzweifelten Besuch bei Sigmund Freud (Karl Markovics) rollt Mahler (Johannes Silberschneider) sein Eheleben auf, das durch Almas Affäre mit Walter Gropius zutiefst zerrüttet ist.

An Kitsch grenzende Weichzeichnung, betont chaotische Schnitte, Erinnerungs-Loops aus verschiedenen Perspektiven, Geschwindigkeiten und Farbnuancen – “Mahler auf der Couch” will unkonventionell sein. Das gelingt der österreichisch-deutschen Koproduktion auch über weite Strecken im positiven Sinne, was nicht nur den hervorragenden Darstellern geschuldet ist, sondern auch dem vom Regie-Duo verfassten Drehbuch mit humorvollen, punktgenauen Dialogen. An manchen Stellen schießen Percy und Felix Adlon allerdings über das Ziel hinaus: Die wenig motivierten, den Handlungsfluss zerreißenden Ausbrüche aus der Erzählung, in denen Weggefährten wie Mahlers Schwester, Alma Schindlers Mutter oder Burgtheater-Direktor Max Burckhard sich an das Publikum wenden und das Geschehen kommentieren, befremden und nehmen dem Film einiges an Dynamik.

Im Rahmen der Dreharbeiten angekündigt war auch eine “Ehrenrettung” der stets als “Genie-fressendes Ungeheuer dargestellten” Alma Mahler. Und die am Münchner Volkstheater entdeckte Barbara Romaner füllt die Rolle dieser “emanzipierten, unheimlich begabten Frau”, wie sie Adlon im Herbst auf einem Set-Besuch charakterisierte, mehr als atemberaubend aus. Mit ihrer offen zur Schau getragenen Frische und Leidenschaft bildet sie einen einnehmenden Gegenpol zu ihrem Ehemann, den Silberschneider als halb in den Wahnsinn getriebenen, liebeskranken und asexuellen Eigenbrötler anlegt. Auch die holprige Annäherung des berühmten Patienten an Markovics als Sigmund Freud gehört zu den humorvollsten und gelungensten Szenen des Films.

Effektvoll mit den Bildern (Kamera: Benedict Neuenfels) verwoben sind auch die Mahler-Aufnahmen des Schwedischen Radio Sinfonie Orchesters unter Esa-Pekka Salonen. “Mahler auf der Couch” ist eindeutig kein Film zum Zurücklehnen und Genießen. Er rollt die Tiefen einer turbulenten Künstlerehe auf, und wenn Freud Mahler in eine Hypnose versetzt, fällt man selbst ein wenig haltlos in Gustav Mahlers Unterbewusstsein. Und das hat es in sich.

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