AA

Madrider Stadtduell um Europas Club-Krone

Europa fest in Madrider Hand
Europa fest in Madrider Hand
Madrid ist die Fußball-Hauptstadt Europas. Mit Real und Atletico zogen erstmals in der Geschichte des Europacups zwei Vereine aus derselben Stadt ins Finale um die wichtigste Clubtrophäe des Kontinents ein. "Madrid gewinnt die Champions League", titelte "El Mundo" am Donnerstag. Und während Atletico-Coach Diego Simeone den Müttern seiner Kicker dankte, hingen die Köpfe bei Chelsea tief.


Atletico errang am Mittwoch mit einem 3:1-Sieg bei Chelsea einen historischen Erfolg. Der Club aus den Arbeitervierteln im Süden der spanischen Hauptstadt steht erstmals seit 40 Jahren wieder im Endspiel des europäischen Elitewettbewerbs. In Lissabon steigt am 24. Mai damit ein Madrider Derby – keine der Fußball-Hochburgen wie London, Manchester oder Mailand hat das bisher geschafft.

In Lissabon sucht Atletico einen der bittersten Momente seiner Vereinsgeschichte vergessen zu machen. Im Mai 1974 hatte man im Finale des Landesmeister-Cups in der Verlängerung 1:0 gegen Bayern München geführt. Aber die Deutschen erzwangen mit einem Treffer in den Schlusssekunden ein Wiederholungsspiel, das die Madrilenen 0:4 verloren. Gelingt diese “Wiedergutmachung”, könnte es sogar eine Double-Saison perfekt machen. Denn der Tabellenführer der spanischen Primera Division hat selbst in der Hand, seinen ersten Ligatriumph seit 1996 zu holen.

“Atletico spielte besser und steht verdient im Finale”, konstatierte Real-Trainer Carlo Ancelotti. “Es gibt keinen Favoriten. Das Endspiel wird eine ausgewogene Partie.” Die Real-Anhänger hatten keinen Hehl daraus gemacht, dass ihnen Chelsea als Gegner lieber gewesen wäre. Die “Königlichen” wissen, dass der kleine Nachbar in Endspielen ein äußerst unangenehmer Gegner ist. Im spanischen Cupfinale standen die Madrider Clubs sich fünfmal gegenüber, viermal setzte sich Atletico durch – zuletzt vor einem Jahr im Bernabeu-Stadion.

Als Vater des Erfolgs feierten die spanischen Medien Trainer Diego Simeone. “Die Elf ist sein Meisterwerk”, konstatierte das Sportblatt “As” und übertrug Begriffe wie “Autorenfilm” oder “Autorenküche” auf den Fußball: “Die Atletico-Mannschaft ist ein Autorenteam.” Simeone selbst lobte seine Kicker bzw. deren Mütter. “Ich danke den Müttern meiner Spieler dafür, dass sie Jungen mit solchen Eiern auf die Welt gebracht haben”, meinte der 44-Jährige, dessen Truppe auf dem Weg ins Finale die vier früheren Europacupsieger FC Porto, AC Milan, FC Barcelona und Chelsea ausgeschaltet hatte. Das Team ohne Superstars verlor kein einziges Spiel.

Den Verlierern – und vor allem den wegen seiner Defensivtaktik immer wieder heftig kritisierten Coach Jose Mourinho – waren Spott und Häme in Spaniens Presse gewiss. “The Semifinal One” taufte etwa “Marca” den Portugiesen, der sich einst selbst zum “The Special One” ausgerufen hatte. Für Mourinho war es die vierte Halbfinal-Pleite in der Königsklasse hintereinander. Dreimal war er zuvor mit Real Madrid gescheitert. 2010 gelang ihm mit Inter Mailand der bisher letzte Finaleinzug. Im Endspiel von Madrid gewann er damals mit den Italienern den Wettbewerb gegen Bayern München.

Seinem Kapitän John Terry kamen noch auf dem Spielfeld die Tränen, Mourinho selbst suchte auf dem Weg aus dem Stadion Trost bei seinem Sohn Jose Mario Jr. “Das war exakt die Art von Demütigung eines Gegners im eigenen Stadion, vor den eigenen Fans, für die Jose Mourinho in seiner Karriere zu einem Spezialisten geworden ist – mit einer Ausnahme: Diesmal war er es, der sie erfahren hat”, schrieb der “Independent”.

Mourinho musste die Überlegenheit des Gegners anerkennen. “Real Madrid hat Bayern geschlagen, weil sie besser waren. Und Atletico hat Chelsea geschlagen, weil auch sie besser waren”, meinte Mourinho im Hinblick auf das ebenso bittere Heim-Aus der Bayern tags zuvor. “Was sie machen, ist fantastisch. Ich kann mit den Spielern nicht kritisch sein, sie haben alles versucht”, lobte Mourinho den Gegner.

  • VIENNA.AT
  • Fußball
  • Madrider Stadtduell um Europas Club-Krone
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen