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Madrid: Festlegung auf ETA gibt Rätsel auf

Nach den Terroranschlägen vom 11. März in Madrid gibt die voreilige Festlegung der früheren spanischen Regierung auf die ETA-Spur weiter Anlass zu Spekulationen.

Der Untersuchungsausschuss des spanischen Parlaments bemühte sich am Mittwoch vergebens zu erfahren, wie die Regierung so schnell öffentlich erklären konnte, dass es sich bei dem Sprengstoff um das üblicherweise von der baskischen Untergrundorganisation ETA eingesetzte Titadyn handelte. Es gab damals keine Belege dafür.

Die damalige Regierung legte sich zu einem Zeitpunkt fest, als die Experten der Polizei noch im Dunkeln tappten. Der oberste Sprengstoffexperte der Polizei, Juan Jesus Sanchez Manzano, betonte bei der Anhörung am Mittwoch, dass keiner seiner Kollegen jemals das Industriedynamit Titadyn während der Untersuchungen erwähnt habe. Der Sprengstoff wurde in den vergangenen vier Jahren häufiger von der ETA eingesetzt. Den Ermittlungen zufolge gab die Polizei erstmals am 11. März gegen 14.00 Uhr bekannt, dass es sich um Dynamit handelte; erst gegen 02.40 Uhr in der Nacht zum 12. März identifizierten Experten den Sprengstoff als Dynamit der Marke Goma-2 Eco.

In einem Dokument des Innenministeriums ist dagegen schon am 11. März gegen 12.00 Uhr die Rede von Hinweisen, dass es sich bei dem Sprengstoff um den „gewöhnlich von der ETA benutzten“ handelt. Der damalige Innenminister Angel Acebes stellte den Sachverhalt gegen 13.30 Uhr desselben Tages vor Journalisten entsprechend dar und trug damit dazu bei, dass die ETA-Spur zunächst im Mittelpunkt stand.

Der Untersuchungsausschuss soll die Ereignisse zwischen dem 11. März und der Parlamentswahl am 14. März, die „Vorgeschichte und die Folgen“ der Anschläge sowie den staatlichen Kampf gegen den Terrorismus beleuchten. Bei den Anschlägen auf vier Pendlerzüge in Madrid waren 191 Menschen getötet und fast 2000 verletzt worden.

Die bei der Wahl siegreichen Sozialisten werfen der konservativen Vorgängerregierung von Jose Maria Aznar vor, wider besseren Wissens bis zum Wahltag an der ETA-These festgehalten zu haben. Aznars Regierung habe die Anzeichen für eine islamistische Urheberschaft ignoriert, weil sich dies wegen der spanischen Beteiligung am Irak-Krieg negativ auf den Ausgang der Abstimmung hätte auswirken können, argumentieren Kritiker.

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