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"Lockspitzelunwesen": Strafrechtler kritisiert Polizei in Wiener Drogenfall

"Lockspitzelunwesen": Strafrechtler kritisiert Polizei in Wiener Drogenfall
"Lockspitzelunwesen": Strafrechtler kritisiert Polizei in Wiener Drogenfall ©APA
Ein 22-Jähriger hatte versucht, einem Polizeispitzel einen Ziegelstein als Kokain zu verkaufen, er wurde zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der Strafrechtler Frank Höpfel kritisiert die Vorgangsweise der Wiener Polizei in diesem Drogenfall.

Höpfel bezeichnet in der am Mittwoch erscheinenden Ausgabe der Wochenzeitung “Falter” die Vorgangsweise als “erschreckend” und spricht von “Lockspitzelunwesen”. “Der Staat darf keine Menschen verführen, um sie danach für die Konsequenzen der Verführung zu bestrafen”, sagte der an der Universität Wien tätige Strafrechtsprofessor.

Der Oberste Gerichtshof müsse hier dringend umdenken. Der Fall “treibt das Lockspitzelunwesen der Polizei auf die Spitze”, zitierte ihn das Blatt in einer Vorausmeldung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe ein solches Vorgehen schon lange als “unheilbar unfair” beurteilt.

Strafrechtler kritisiert “Lockspitzelunwesen” in Wiener Drogenfall

Der 22-Jährige war am 6. September am Wiener Straflandesgericht – noch nicht rechtskräftig – verurteilt worden. Wie bei der Verhandlung zutage kam, soll die Mutter des jungen Mannes in ihrer Wohnung in Simmering einen regen Handel mit Cannabis betrieben haben. Wenn sie nicht zugegen war, regelten laut Staatsanwaltschaft ihre beiden Söhne die Verkäufe. Ein Schöffensenat verhängte über die Mutter 15 Monate bedingt, über ihren erst 16 Jahre alten Sohn sechs Monate auf Bewährung. Eine Tante, die das vermeintliche Drogengeschäft mit dem Polizeispitzel gegen eine Provision vermitteln wollte, erhielt 30 Monate, davon zehn unbedingt.

Der ältere Bruder hatte zwei Kilogramm Kokain aufzustellen versucht, nachdem ihm die Tante mitgeteilt hatte, sie hätte einen Interessenten, der dafür 90.000 Euro bezahlen würde. Beim Versuch, die Drogen in einschlägigen Lokalen aufzustellen, sei er ausgelacht worden, berichtete der junge Mann dem Gericht. Der Bekannte der Tante, der vorgeblich an dem Gift interessiert, in Wahrheit aber ein Verbindungsmann der Polizei war, habe immer weiter gedrängt. Da sei er in den Baumarkt gegangen, habe einen Ziegelstein gekauft und diesen mit Klebebändern verpackt. Unmittelbar nach dem Übergabetreffen wurde der 22-Jährige verhaftet. Verurteilt wurde er wegen gewerbsmäßigen Betrugs.

(APA)

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