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Living Planet Report 2012 heute erstmals aus dem Weltraum präsentiert

Bereits mit der "Earth Hour" machte der WWF auf die Resourcenknappheit aufmerksam.
Bereits mit der "Earth Hour" machte der WWF auf die Resourcenknappheit aufmerksam. ©dpad / Symbolbild
Zum ersten Mal in der Geschichte präsentiert der WWF den neuen Zustandsbericht der Welt von der Internationalen Raumstation ISS aus einer Höhe von 400 Kilometer Höhe über der Erdoberfläche: Unser Planet ist kränker geworden.

Es dauere eineinhalb Jahre, damit unsere Erde die natürlichen Ressourcen ersetzen könne, die wir in einem Jahr als Menschheit konsumieren, so der WWF-Bericht. Wir bräuchten also derzeit einen halben Planeten mehr als wir zur Verfügung haben. Bis 2030 würden wir zwei Planeten für unseren Konsum brauchen, 2050 seien es fast drei Planeten. Seit 1970 seien mehr als 30 Prozent der Arten geschwunden. Besonders dramatisch sei die Abnahme der Artenvielfalt in den Tropen. In den Ländern des Nordens hätten sich viele Bestände erholt.

Das zeigt der alle zwei Jahre vom WWF veröffentlichte globale Umweltbericht “Living Planet Report” zur Lage der Welt. Der Bericht beschreibt die Artenvielfalt, unseren “ökologischen Fußabdruck” und den Wasserverbrauch. “Die Lage der Welt ist dramatisch. Doch wir können es schaffen, dass auch im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen genügend Nahrung, Energie und Wasser haben um gut zu leben. Um dies zu erreichen müssen wir vieles in unserer Lebensweise und in unserem Wirtschaftssystem ändern”, so Georg Scattolin vom WWF Österreich.

Populationsrückgänge

Mehr als 9.000 Populationen von fast 2.700 Wirbeltierarten wurden für den Report untersucht. Das sind um 1.000 Populationen mehr als noch im Bericht von 2010. Der “Living Planet Index” beschreibt den Rückgang der weltweiten Artenvielfalt um 30 Prozent seit 1970, in tropischen Regionen durchschnittlich sogar 60 Prozent. Besonders schlimm sei der Verlust in den tropischen Flüssen, wo fast drei Viertel der Arten verschwunden seien oder vermindert wurden wären. Der Bericht sieht die Ursachen für den Artenverlust in der Zerstörung der Lebensräume vieler Tiere und Pflanzen, der Umweltverschmutzung, dem Klimawandel und auch in invasiven Arten, die durch den weltweiten Verkehr in neue Regionen gelangen und andere heimische Arten verdrängen würden. Nur in den Ländern des Nordens hätte sich die Artenvielfalt seit 1970 um 30 Prozent erhöht. Umwelt- und Naturschutz zeigten dort positive Wirkung.

In den USA sei der “ökologische Fußabdruck” etwa fünf Mal so groß wie in den ärmeren Ländern Afrikas. Der “ökologische Fußabdruck” der Menschheit betrüge heute 18 Milliarden globale Hektar oder 2,7 Hektar pro Person. Die Kapazität des Planeten ist aber gerade mal 12 Milliarden Hektar oder 1,8 Hektar/Mensch. Zusammen verbrauche die Menschheit also einen halben Planeten zu viel. Die Länder mit dem höchsten Fußabdruck pro Kopf seien Katar, Kuweit, die Vereinigten Arabischen Emirate, Dänemark und die USA. Am anderen Ende würden die besetzten Palästinensergebiete, Osttimor, Afghanistan, Haiti und Eritrea liegen.

Raubbau an der Natur

Der Raubbau der Industriestaaten in den Tropenländern wirke sich besonders negativ aus. Der größte Faktor im ökologischen Fußabdruck der Welt sei der Ausstoß von Treibhausgasen (55 Prozent), der seit 1961 auf den elffachen Wert gestiegen sei. Die Menge an gefangenem Fisch hätte sich in 50 Jahren weltweit verfünffacht, so der Bericht weiter. Weltweit seien heute 520 Millionen Menschen gefährdet, die von der Fischerei abhängig sind. Auch die Wälder würden  immer weiter schrumpfen: Jährlich gingen 130.000 Quadratkilometer Waldflächen durch die Umwandlung in Weide- und Anbauflächen verloren, vermeldet der WWF. Das entspricht etwa der 1,5-fachen Fläche Österreichs. Nach Kohle und Öl sei der Waldverlust der größte Faktor für den Klimawandel – er trüge bis zu 20 Prozent zum Klimawandel bei. Ohne Waldschutzmaßnahmen würde die Welt bis 2050 Waldgebiete in der Größe alle Wälder von Kongo, Peru und Papua Neuguinea zusammen verlieren, rechnet der WWF. Das sind Waldflächen in der Größe von 2,3 Millionen Quadratkilometer, was mehr als der Hälfte aller 27 EU-Länder entspricht.

Österreich nimmt viel Biokapazität in Anspruch

Österreich liege auf Platz 17 der Länder mit dem größten ökologischen Fußabdruck pro Einwohner. Die Biokapazität Österreichs hätte seit 1961 um acht Prozent abgenommen, pro Kopf sei sie allerdings um 20 Prozent gesunken. Die Ursache dafür sei die höhere Bevölkerungszahl heute im Vergleich zu 1961. Der ökologische Fußabdruck Österreichs sei seit 2005 um sechs Prozent gewachsen, der Konsum der Österreicher beanspruche derzeit 44 Millionen globale Hektar. Ein Österreicher nähme mit rund 5,3 globalen Hektar doppelt so viel Biokapazität in Anspruch, wie der Weltdurchschnitt. Würden alle Menschen so leben wie wir Österreicher, bräuchten wir schon heute drei Planeten, folgert der WWF

Wasserknappheit – Saugen wir unseren Planeten immer mehr aus?

500 Millionen Menschen litten bereits heute unter den negativen Auswirkungen von Dämmen und anderen Flussregulierungen. 900 Millionen hätten kein sauberes Trinkwasser und 2,7 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sanitären Anlagen, warnt der WWF. 92 Prozent unseres Brauchwassers gingen in die Landwirtschaft. Im Jahr 2025 würden 5,5 Milliarden Menschen mit Wasserknappheit kämpfen. Von weltweit 160 Flüssen, die länger als 1.000 Kilometer sind, könnten nur noch 50 frei fließen. Zwei Millionen Tonnen toxischer Brühen würden jährlich die Meere und Flüsse der Erde gelangen. Für die Herstellung einer Tasse Milchkaffee mit Zucker brauche es fast 200 Liter Wasser. rechnet der Bericht vor. Indien, China und die USA hätten den höchsten Wasser-Fußabdruck weltweit.

Lösungen für die Zukunft?

Bis 2050 müsse die Welt neun Milliarden Menschen versorgen. “Wir können es schaffen, dass alle Menschen genügend Nahrung, Wasser und Energie haben”, so Scattolin. Immerhin hätten sich die Investitionen in erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Sonnenenergie seit 2004 mehr als verfünffacht. Der WWF schlägt dazu einen besseren Schutz der Ökosysteme, eine effizientere Produktionsweise und veränderte Konsumgewohnheiten vor. Der Profit für einige wenige müsse zum Teil zurückfließen in den Naturschutz und eine ökologischere Produktionsweise, fordert der WWF.  Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 um mindestens 80 Prozent reduziert werden, um ein weltweites Artensterben zu verhindern. Auch der Schutz unserer Meere und Flüsse brauche absolute Priorität. Weiters müssten auch die natürlichen Ressourcen in die Rechnungen des internationalen Finanzsystems einfließen. “Natur muss endlich einen Preis haben. Ohne diese einschneidenden globalen Maßnahmen wird das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert der Umweltkatastrophen”, warnt der WWF.

Der Living Planet Report – saugen wir unseren Planeten aus?

Neue Daten und genauere Messmethoden würden im aktuellen Bericht zeigen, dass die Menschheit bereits seit den 1970er Jahren mehr verbrauche, als unser Planet verkraften kann. “2006 wurde noch hochgerechnet, dass wir erst 2050 zwei Planeten brauchen werden. Der aktuelle Bericht zeigt, dass wir diesen Zustand bereits 2030 erreichen werden, also 20 Jahre früher”, warnt Scattolin. Der LPR, der gemeinsam mit der Zoologischen Gesellschaft von London (ZSL) und dem Global Footprint Network (GFN) erstellt wird, beurteilt seit 1998 den ökologischen Fußabdruck der Menschheit im Verhältnis zur Biokapazität, die Artenvielfalt und den Wasserverbrauch der Länder der Welt. Basis für die komplizierten Berechnungen sind Weide- und Ackerland, die bebaute Fläche, Wälder und Fischgründe und der Verbrauch fossiler Energieträger.

Präsentation aus dem Weltraum

Zum ersten Mal wurde der Bericht heuer von dem holländischen Astronauten André Kuipers von der internationalen Raumstation ISS im Rahmen seiner ESA-Mission präsentiert. Die ESA (European Space Agency) ist seit 2012 Partner des Living Planet Reports. “Von hier aus dem Weltraum kann ich die Auswirkungen sehen, die im Living Planet Report beschrieben sind – Waldbrände, Luftverschmutzung und Erosion. Wir haben nur diesen einen Planeten und den müssen wir für uns und die kommenden Generationen bewahren”, mahnte Kuipers in seiner Grußbotschaft von der ISS. (OTS, VOL.AT)

Video: Kuipers an Bord der ISS

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