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EU-Wahl: Karas kandidiert nicht mehr für ÖVP

ÖVP-Europaabgeordnete und Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas am Donnerstag, 12. Oktober 2023, im Rahmen einer persönlichen Erklärung in Wien
ÖVP-Europaabgeordnete und Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas am Donnerstag, 12. Oktober 2023, im Rahmen einer persönlichen Erklärung in Wien ©APA
Karas zieht sich zurück: Ende einer Ära Der ÖVP-Europaabgeordnete und Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas wird nicht mehr für die Volkspartei kandidieren.

Darum geht es:

  • Othmar Karas zieht sich nach 25 Jahren aus dem EU-Parlament zurück.
  • Er begründet dies mit Zerwürfnis und Kritik gegenüber der Volkspartei.
  • Karas beklagt politisches Versagen und einen Vertrauensverlust in die Politik.
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"Nach 25 Jahren im EU-Parlament werde ich bei den kommenden Wahlen nicht mehr kandidieren. Das ist keine einfache Entscheidung für mich", sagte er am Donnerstag vor Medienvertretern in einer kurzfristig einberufenen persönlichen Erklärung. Seine politische Zukunft ließ er offen. Mit einer eigenen Liste wird er vorerst nicht antreten.

Zerwürfnis und Kritik: Karas kritisiert Volkspartei

Der 65-Jährige begründete diesen Schritt mit dem Zerwürfnis zwischen ihm und seiner Partei. Karas war in der Vergangenheit immer wieder aus der Parteilinie ausgeschert und übte teils öffentliche Kritik am Kurs der Bundespartei. Auch am Dienstag bemängelte Karas die Rolle der Volkspartei in Europa oder deren Standpunkt in Sachen Asyl und Migration. Auch kritisierte er diverse "Scheindebatten" wie etwa jene von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer angestoßene, das Recht auf Bargeld in der Verfassung zu verankern.

Die Rede in voller Länge:

Enttäuschung über Bundespartei

Die vergangenen Monate seien zudem "menschlich enttäuschend " gewesen. Wie die Bundespartei mit ihm umgegangen sei, sei einer staatstragend Partei "unwürdig". Karas beklagte den Stil, der öffentlich Einzug gehalten habe.

Der Stil widerspreche seinem persönlichen Selbstverständnis, so Karas, der betonte, sich dem Land und nicht nur einer einzelnen Partei verpflichtet zu fühlen. Karas kritisierte die Anbiederung der etablierten Parteien an die politischen Ränder. Die politisch Handelnden hätten "jegliche Glaubwürdigkeit verloren" und mit ihrer Politik einen "nachhaltigen Schaden" verursacht.

Politische Bilanz: Karas' bittere Abrechnung

Karas beklagte das "politische Versagen in vielen zentralen Feldern" und eine "mangelnde Debattenkultur". Dazu sei ein "eklatanter Vertrauensverlust" der Bürger in die Politik gekommen. Die Politik verliere sich in "Scheindebatten" und "Nebenschauplätzen".

APA

Besonders schmerze ihn die veränderte Rolle Österreichs in der EU. Österreich sei vom Motor der Veränderung "zum Bremser" geworden. Als Beispiele dafür führte er das Schengenveto gegen Rumänien und Bulgarien, das Verhalten der SPÖ bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Nationalrat oder die "unverschämte antieuropäische Politik der FPÖ" an. Jene Parteien, die einst der Motor der europäischen Integration waren, würden nun mit dem Finger auf Brüssel zeigen.

Besonders bekam jedoch seine eigene Partei ihr Fett ab. Etwa gehe es ihm "unheimlich auf die Nerven" von manchen als Linker tituliert zu werden, "weil ich dafür eintrete, dass Frauen und Kinder nicht im Mittelmeer ertrinken". Ebenso kritisierte er die "sinnlose Polarisierung", neuerdings nenne man das "strategisch notwendigen Unsinn, wobei am Ende nur der Unsinn überbleibt", so Karas.

Analyse von Roland Adrowitzer

Vom EU-Parlamentarier zum Kritiker: Karas' politischer Werdegang

Karas zog 1999 für die Volkspartei ins EU-Parlament ein. Von 2006 bis 2009 sowie von 2011 bis 2019 leitete der die ÖVP-Delegation. Im Jänner 2022 wurde der gebürtige Niederösterreicher zum Ersten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments gekürt. Dieses Amt bekleidete er zuvor bereits von 2012 bis 2014 sowie von 2019 bis 2022.

(VOL.AT)

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