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Hauptausschuss stimmt Lockdown-Verordnung zu

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2. Lockdown: Die neuen Maßnahmen

Der Hauptausschuss des Nationalrates ist am Sonntag um 17.00 Uhr zusammengetreten, um die geplanten neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu beschließen. Kurz vor 19 Uhr trat der Vorsitzende, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), vor die Presse und verkündete: Grünes Licht für die Verordnung und Maßnahmen im 2. Lockdown ab Dienstag.

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Hier geht es zur 463. Verordnung - der Covid-19 Schutzmaßnahmen-Ordnung:

Die Begründung, Richtigkeit und Verhältnismäßigkeit seien bei der Verordnung der österreichischen Bundesregierung gegeben.

Der Hauptausschuss gab am Sonntagabend jenen Regelungen, die eine parlamentarische Zustimmung brauchen, seinen Segen. Davon betroffen sind etwa die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen.

Es freue ihn, sagte Sobotka, dass der Hauptausschuss Unterlagen im Umfang von 1000 Seiten mit Begründungen der Regierung für die Betretungsverbote, Ausgangsbeschränkungen etc. vorgelegt bekommen zu haben.

Dafür versus Dagegen

Neben der Koalition erteilte auch die SPÖ ihre Zustimmung, teilte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in einer Pressekonferenz im Anschluss mit. ÖVP, Grüne, SPÖ waren somit dafür - Neos und FPÖ dagegen.

Der Umsetzung der neuen Corona-Maßnahmen steht nun nichts mehr im Weg.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner im ZIB 2 am Sonntag-Interview

In der "ZIB 2" erläuterte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner unter anderem, weshalb ihre Partei im Hauptausschuss des Nationalrates dem zweiten Lockdown zugestimmt hat.

Rechtsanwalt: Lockdown-Verordnung teils rechtswidrig

Scharfe Kritik am Verordnungstext für den Corona-Lockdown der Bundesregierung übt der Wiener Rechtsanwalt Florian Horn. Die Regelungen zu den Ausgangsbestimmungen hält er ebenso für rechtswidrig wie auch jene zu den Party-Verboten in Gärten, Garagen, Scheunen oder Schuppen, wie er gegenüber der APA erklärte.

Zu den Ausgangsbeschränkungen zwischen 20 und 6 Uhr früh sagte Horn zur APA, die Regelung sei "äußerst unbestimmt, weil die Ausnahmen so weitgehend sind, dass sie das Verbot überhaupt aufzuheben scheinen". Insbesondere der Ausnahmegrund "Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung" könnte aufgrund des "Bestimmtheitsgrundsatzes" verfassungswidrig sein, so Horn: Aus dem Verordnungstext gehe zu wenig konkret hervor, was gemeint ist.

"Hochproblematisch"

Auch sieht Horn die Regelung wegen der Bezugnahme auf den "eigenen privaten Wohnbereich" als "hochproblematisch". Denn die Bestimmung, wonach das "Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs" und das "Verweilen außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs" in den Nachtstunden nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist, bedeute im Umkehrschluss, dass man sich zu dieser Zeit in fremden privaten Wohnraum nicht aufhalten darf (wie es ja auch die Regierung kommuniziert). Für Horn ist dies "rechtswidrig", denn auf diese Regelung könnte jemand versuchen, "eine polizeiliche Nachschau (in den betroffenen Wohnungen, Anm.) zu stützen". Eine solche Nachschau wäre "verfassungswidrig weil unverhältnismäßig" (die Regierung betont freilich stets, dass derartiges nicht geplant ist, Anm.)

Die Bestimmung zum eigenen privaten Wohnraum selbst sei aber auch gesetzwidrig, so Horn. Denn der private Wohnbereich sei im COVID-19-Maßnahmengesetz, auf das die Verordnung Bezug nimmt, von Regelungen explizit ausgenommen. So heißt es im Gesetz, dieses ermächtige "zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit (...)" Als "bestimmte Orte" werden "bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs" definiert (§1 (3) COVID-19-MG). "Daher dürfte das gar nicht geregelt werden", so Horn.

Diese Frage stellt sich ihm

Auch stellte sich die Frage, ob die Ausgangsbeschränkungen nicht unverhältnismäßig sind, weil eventuell gelindere Mittel zur Anwendung kommen könnten. Denn im Maßnahmengesetz heißt es, dass derartige Ausgangsbeschränkungen nur dann zulässig sind, "sofern es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich ist, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern, und Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4 nicht ausreichen". Die Paragrafen 3 und 4 ermöglichen die Schließung von Betriebsstätten sowie das Betreten von öffentlichen Orten. Da aber etwa der gesamte Handel und Dienstleistungssektor (sowie die Schulen zu einem guten Teil) noch geöffnet bleiben, könnte diese Bestimmung verletzt sein, so der Experte.

Bei den Besuchsverboten bzw. Einschränkungen in Gärten, Garagen, Scheunen und Schuppen fehlt für Horn die Rechtsgrundlage. Diese Regelung findet sich in der Verordnung unter den Veranstaltungs-Bestimmungen. Veranstaltungen sind demnach grundsätzlich verboten, wobei es u.a. eine Ausnahme für den "privaten Wohnbereich" gibt. Allerdings gelten jene Orte nicht als privater Wohnbereich, "die nicht der Stillung eines unmittelbaren Wohnbedürfnisses dienen", was laut Verordnung eben Gärten, Garagen, Scheunen und Schuppen betrifft.

Problematisch bei diesem Passus ist laut Horn, dass die Verordnung den Begriff der Veranstaltung nicht definiert und auch keine Zahl nennt, ab wann ein Treffen als Veranstaltung gilt. Daher bleibe nur der Bezug auf das Epidemiegesetz, auf dem die Verordnung ebenfalls fußt. Dort findet sich in §15 die Möglichkeiten zur Einschränkung von Veranstaltungen, "die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen". Der Knackpunkt ist laut Horn der Begriff "größerer Menschenmengen". "Das sind weder sechs Personen, noch ist das ein privates Kleintreffen von zwei oder drei Personen." Ein Verbot von derartigen Treffen sei daher gesetzwidrig - daher "dürfte der Verfassungsgerichtshof das aufheben", so Horn.

(APA)

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