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"Literat, Prophet, Liebender": Zum 100er von Hans Weigel

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Am 29. Mai wird an einen der prägenden Köpfe der österreichischen Nachkriegskultur gedacht: Vor hundert Jahren wurde an diesem Tag Hans Weigel geboren.

“Ich bin um acht Jahre jünger als das Jahrhundert und um zehn Jahre älter als die Republik”, schrieb Weigel in seinen “Erinnerungen eines kritischen Patrioten”, die dieser Tage von Elke Vujica unter dem Titel “In die weite Welt hinaus” in der Literaturedition Niederösterreich herausgegeben werden. Und auch seine langjährige Lebensgefährtin Elfriede Ott hebt den Österreich-Bezug von Weigels Arbeit hervor: “In seinen Schriften steht unser Land an erster Stelle.”

“Wer war Hans Weigel?”, fragt Ott in der Ankündigung eines am 31. Mai angesetzten Gedenkabends, “Alles. Literat, Prophet, Liebender des Theaters, der Musik, des Kabaretts, der Schauspieler die gut waren, der jungen Literaten, des Fußballs, der Musiker, der Komponisten, und vor Allem Österreichs. (…) Wie war Hans Weigel? Übertrieben in Zuneigungen und Abneigungen, sehend mit schwachen Augen, als Theaterkritiker gefürchtet und anerkannt, liebevoll und streng. Von Vielen abgelehnt und doch geachtet, mit offenen Armen und introvertiert, schweigsam und redegewandt, anbetend und ablehnend und vor Allem großherzig.”

Der Wiener Hans Weigel besuchte das Akademische Gymnasium, inskribierte zunächst Jus in Hamburg und begann seine Karriere als Volontär der Berliner Zeitschrift “Die literarische Welt”. 1928 kehrte er nach Wien zurück, arbeitete zunächst in einem Buchverlag, danach als Schriftsteller, Journalist, Kritiker, Autor für Kleinkunstbühnen, Radio-Kommentator und Lektor an der Wiener Universität. 1938 emigrierte er wegen seiner jüdischen Abstammung in die Schweiz, wo er für Kabaretts sowie als Verlagslektor arbeitete. Bald nach Kriegsende kehrte er nach Österreich zurück.

Seine Tätigkeit als viel beachteter Theaterkritiker, die er bis 1961 unter anderem für das “Neue Österreich” und den “Kurier” ausübte, gipfelte in einer viel beachteten “Watschenaffäre”: Die Schauspielerin Käthe Dorsch stellte 1956 Weigel nach einer schlechten Kritik im Kaffeehaus, nannte ihn (so das Urteil des folgenden Strafverfahrens, bei dem sie zu einer Geldstrafe von 500 Schilling verurteilt wurde) “Dreckkerl” und “Dreckfink” und verpasste ihm zwei Ohrfeigen.

Im Kaffeehaus (an der Fassade des Cafe Raimund erinnert eine von der Österreichischen Gesellschaft für Literatur angebrachte Gedenktafel daran) entfaltete er auch seine einflussreiche Tätigkeit als Förderer junger Talente, die er u.a. 1951 bis 1954 als Herausgeber der einflussreichen literarischen Anthologie “Stimmen der Gegenwart” nach Kräften unterstützte. “Ich habe tatsächlich die Aichinger, die Bachmann, den Celan, den Dor, die Ebner, den Federmann, den Guttenbrunner, die Haushofer entdeckt beziehungsweise gefördert und weiter im Alphabet noch viele andere bis Zand und Zusanek”, schrieb Weigel. Seinen Einfluss machte er jedoch auch für den Brecht-Boykott an den Wiener Bühnen der 50er Jahre geltend.

Als “Inhaber einer stadtbekannten Schriftstellerei (Einmannbetrieb)” (Weigel) verfasste er Romane (“Der grüne Stern”, “Das himmlische Leben”, “Hölle oder Fegefeuer”), Revuen, Dramen und Komödien (“Axel an der Himmelstür”, “Barabbas oder Der fünfzigste Geburtstag”, “Angelica”, “Das wissen die Götter”, “Entweder-oder”, “Erde”), arbeitete als Übersetzer (u.a. der Stücke von Molière) und schuf eine Fülle von Büchern und Essays über Österreich (“O du mein Österreich”, “Das tausendjährige Kind”), die Wiener Philharmoniker, die Schauspieler Josef Meinrad und Attila Hörbiger sowie über Sprachkritik (“Die Leiden der jungen Wörter”) und seine literarischen Vorbilder Karl Kraus und Johann Nestroy.

Für seine Arbeiten erhielt Weigel zahlreiche Auszeichnungen. Die Hälfte der Dotierung des österreichischen Staatspreises für Kulturpublizistik (1983) stellte er fünf jungen Autoren zur Verfügung. Am 12. August 1991 starb Weigel im Alter von 83 Jahren in Maria Enzersdorf bei Wien.

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