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Literat beging Selbstmord

Franz Innerhofer, bekannt durch die Romantrilogie „Schöne Tage“, „Schattseite“ und „Die großen Wörter“ wurde in Graz tot aufgefunden.

Innerhofer wurde nach Angaben der Polizei von einem Installateur in den Vormittagsstunden in seiner Wohnung in der Idlhofgasse tot aufgefunden. Der Handwerker hatte mit dem Autor einen Termin vereinbart und wollte in der Wohnung Arbeiten durchführen. Laut Polizei dürfte der 58-Jährige schon vor einigen Tagen selbst Hand an sich gelegt haben. Mit Innerhofer verliert die steirische Literaturszene binnen weniger Tage einen zweiten seiner herausragenden Exponenten:
Vergangenen Donnerstag war Alois Hergouth 76-jährig in Graz gestorben, das Begräbnis fand heute, Dienstag, statt.

Die Romantrilogie „Schöne Tage“, „Schattseite“ und „Die großen Wörter“ waren die heimische Literatur-Sensation der siebziger Jahre. Danach ist es um Franz Innerhofer, den „Rebellen“ aus dem Salzburger Land, der die Joche von roher Kindheit, ländlicher Leibeigenschaft und Kirche so eindringlich geschildert hat, eher still geworden. Der Senkrechtstarter von einst ging über viele Jahre in die italienische „Emigration“, versuchte sich in den achtziger Jahren wenig erfolgreich in Graz als Buchhändler.

Innerhofer wurde am 2. Mai 1944 auf einem Bergbauernhof in Krimml (Salzburg) als uneheliches Kind einer Landarbeiterin geboren und musste elf Jahre auf dem Hof seines Vaters als Knecht arbeiten. Nach einer Schmiedelehre besuchte Innerhofer ein Gymnasium für Berufstätige und studierte einige Semester Anglistik und Germanistik in Salzburg. Ab 1973 lebte er als freier Schriftsteller vorwiegend in der Nähe von Zürich.

Innerhofers stärkste Bücher – vornehmlich besagte autobiografische Trilogie – handeln vom Elend ländlich-proletarischer Sprachlosigkeit, der Brutalität des Knechtschaftverhältnisses, von archaischen Dorfgemeinschaften und einem lähmenden Katholizismus. Sie besitzen laut Kritik die Kraft einer Authentizität, die der Autor in seinen späteren Arbeiten nicht mehr erreicht hat.

Das 1990 in Wien mit Marisa Mell uraufgeführte Stück „Orvieto“ verschwand schnell in der Versenkung und auch mit dem 1992 veröffentlichten Roman „Um die Wette leben“ wollte das Comeback nicht richtig gelingen. 1975 hatte er den Bremer und den Rauriser Literaturpreis erhalten, 1993 wurde der seit 1979 in Graz lebende Autor für sein Gesamtwerk mit dem Steirischen Literaturpreis ausgezeichnet.

Akutell ist in der nordfranzösischen Stadt Rouen die französische Erstaufführung von Innerhofers Theaterstück „Scheibtruhe“ („Brouette“) zu sehen. Neben der Theaterinszenierung, die bis zum 2. Februar 2002 gezeigt wird, bildet das Stück auch einen Themenschwerpunkt der “Österreichischen Theaterwoche“ in Paris (21. Jänner – 2. Februar). „Scheibtruhe“, das zweite Theaterstück Innerhofers, war 1992 im Grazer Schauspielhaus uraufgeführt worden. Dabei handelt es sich um die Geschichte der Hanni R., einer österreichischen Bäuerin, die in der Nähe des KZ von Mauthausen gelebt und gearbeitet hat.

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