Laut Umfragewerten kann der ehemalige Emigrant, der von 1949 bis 1991 in den USA lebte, mit seiner Wiederwahl rechnen. Außer dem Wettlauf um das höchste Staatsamt finden am selben Tag, dem 22. Dezember, auch Kommunalwahlen statt. Litauen steht, wie die beiden anderen baltischen Staaten Lettland und Estland, vor den Beitritten zu NATO und EU.
Umfragen bescheinigen Adamkus eine Woche vor dem Wahlgang mit einer Zustimmung von rund einem Drittel der Befragten einen Vorsprung von gut 20 Prozentpunkten vor seinen aussichtsreichsten Gegenkandidaten, dem Parteichef der mitregierenden Sozialliberalen, Parlamentspräsident Arturas Paulauskas (10 bis 12 Prozent) und dem Führer der Liberaldemokraten, Roland Paksas (8 bis 10 Prozent). Für eine Entscheidung im ersten Durchgang sind 50 Prozent der Stimmen notwendig. Auf Grund der großen Zahl der Mitbewerber rechnet man in Litauen jedoch trotz dem klaren Vorsprung von Adamkus mit der Möglichkeit einer Stichwahl, die dann am 9. Jänner stattfinden würde. Insgesamt bewerben sich 17 Kandidaten um das höchste Amt im Staat.
Bereits bei den letzten Präsidentenwahlen im Jahr 1997 kam es zu einem Zweitrunden-Duell zwischen Adamkus und dem um 27 Jahre jüngeren Ex-Staatsanwalt Paulauskas, das Adamkus damals mit weniger als einem Prozent Unterschied für sich entschied. Diesmal könnten allerdings die jüngsten Schritte in Richtung volle Integration des Landes in EU und NATO sowie der Besuch von US-Präsident George W. Bush in Litauen, der am Tag nach dem Prager NATO-Gipfel in Vilnius die Präsidenten gleich aller drei Baltenrepubliken traf, für ein klareres Ergebnis sorgen. Adamkus kann angesichts dieser Erfolge auf den Präsidentenbonus hoffen.
Der parteilose Adamkus gilt als besonnener Mann der Mitte. Dem 76-Jährigen kommt auch seine Biografie zu Gute. Als langjähriger Emigrant, der sich schon während seiner Arbeit für die US-Umweltbehörde in Chicago für ökologischen Fortschritt in seiner Heimat einsetzte, wird er als über den politischen Hickhack in der Ostseerepublik erhabener Staatsmann angesehen. Auch der Umstand, dass Adamkus bis zu seiner Rückkehr nach Litauen der Republikanischen Partei in den USA angehörte, dürfte sein Ansehen in einem Land nicht schaden, dass sich über zehn Jahre nach der Loslösung von der Sowjetunion noch immer stark nach Westen orientiert.
Während bei den Präsidentenwahlen mit einer relativ hohen Wahlbeteiligung zwischen 65 und 70 Prozent gerechnet wird, werden die Kommunalwahlen vermutlich nur etwa 45 Prozent Stimmberechtigte anlocken. Die Kommunalwahlen sollten ursprünglich erst im Jahr 2003 stattfinden, im Parlament entschied man sich jedoch für die Zusammenlegung mit den Präsidentenwahlen. In sechzig Bezirken werden insgesamt 1.560 Kommunalvertreter gewählt.
Bei den Kommunalwahlen rechnen politische Experten mit einem Sieg für die Sozialdemokraten. Die Zusammenlegung der Sozialdemokraten und der Demokratischen Arbeiterpartei im Jahr 2001 könnte ein derartiges Ergebnis ebenfalls begünstigen. Regional gibt es Unterschiede. Kaunas beispielsweise, mit rund 412.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Land, wählt traditionell eher konservativ.