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Litauen: Euro-Einführung vertagt

Euro-Anwärter Litauen wollte die schlechten Nachrichten zunächst einfach verdrängen: Das Land habe alles gemacht, was nötig war.

Ministerpräsident Algirdas Brazauskas weilte am Dienstag im Frühjahrsurlaub, Staatspräsident Valdas Adamkus sprach vage von „weiteren Anstrengungen“. Dabei signalisierten sowohl EU-Kommission als auch die EZB überdeutlich: Mit dem für den 1. Jänner 2007 geplanten Euro Beitritt wird es für die Balten nichts.

„Wenn man einfach nur offiziell denkt, müssen die Kriterien natürlich strikt eingehalten werden“, sagte Vidmantas Saferis, Analyst bei der großen baltischen Hansabank: „Aber sollte man wirklich Stabilität mit wirtschaftlicher Stagnation verwechseln?“ Saferis befürchtete politische Instabilität in Vilnius. „Bisher hat die Regierung die Einführung des Euro versprochen, und jetzt müssen sie eingestehen, die Maastricht-Kriterien nicht zu erfüllen.“

Die Entwürfe für die litauischen Euromünzen liegen schon lange bereit fürs Prägewerk, der stolze Großfürst Vytautas soll den Ostseestaat symbolisieren. Die Umstellungskampagne war schon gestartet. Zuletzt hieß es, die Reform sei für Geschäftsleute ein guter Anlass, die Kassenapparaturen zu erneuern.

Leiden die Währungsverantwortlichen in Litauen also unter Realitätsverlust? „Selbst wenn man sofort in allen drei baltischen Staaten den Euro einführen würde, bedeutet dies keine Gefahr für den Euro“, sagt etwa ehemalige lettische Wirtschaftsminister Krisjanis Karins: „Die Volkswirtschaften sind so klein, dass sie keinen Einfluss haben“. Litauens 3,3 Millionen Einwohner sind in ihrer Wirtschaftskraft vergleichbar mit der einer deutschen Großstadt.

Noch hofft man in Vilnius offenbar auf eine politische Lösung. Nach den letzten belastbaren Zahlen ist das Inflationsziel nur um einen Zehntel-Prozentpunkt verfehlt worden, alle anderen Kriterien werden problemlos erfüllt. Die endgültige Entscheidung über die Euro-Einführung fällt der EU-Gipfel Mitte Juni in Brüssel. Dort will Vilnius durch politischen Lobbyismus das ehrgeizige Ziel erreichen. „Die Beurteilung sollte auf dem EU-Vertrag beruhen und nicht auf Büro-Logik oder dem Prinzip von Dezimalstellen“, beschrieb der scheidende Außenminister Antanas Valionis kürzlich die Haltung.

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