AA

Lionel Richie: Entertainer-Routine und Hit-Stafette

©&copy APA
Lionel Richie, das ist - ob man will oder nicht - Teil der Biografie für jeden, der schon einige Jahre auf dem Buckel hat.

Und nicht nur rein musikalisch. Denn anhand seiner Hits lässt sich auch so manche persönliche Beziehungsstafette nachzeichnen. „Wir werden schauen, wann ihr was gemacht habt. Wo ihr was gemacht habt. Und vor allem: Mit wem ihr was gemacht habt“, gab Richie dann auch gestern, Donnerstag, bei seinem Konzert in der Wiener Stadthalle als Motto aus. Und es scheinen gute Erinnerungen aufgekommen zu sein: Die rappelvolle Stadthalle war begeistert.

Wie ein Boxer in Satinhemd inszenierte der Sänger mit Liveübertragung von der Umkleidekabine bis zur Bühne seinen ersten Auftritt. Und dort angekommen erfüllte er jede Erwartung – gute wie schlechte. Wer Hits wie „Dancing On The Ceiling“ oder „Three Times A Lady“ schon zuvor als verzichtbaren, biederen Beitrag zur Popgeschichte angesehen hat und andererseits etwa dem (gestern gut eigengecoverten) Raunzer „Easy“ durchaus etwas abgewinnen kann, wird auch aus der Stadthalle mit unveränderter Meinung gegangen sein. Trotz Hitfeuerwerk von „Commodores“-Zeiten bis heute, sympathischem Sänger und Publikumsbegeisterung. Gesungen und gespielt war das alles jedenfalls perfekt.

Wer das ganze nicht so eng sieht und auch Frieden mit den 80ern gemacht hat, konnte jedoch durchaus würdigen, was die Fans an Richie finden. Denn was der Sänger, der zuletzt seine lockere Art bei „Wetten, dass…?“ mit der bisher lustigsten Version von „Hello“ (gesungen mit Helium-piepsiger Stimme) bewies, an Hits in seiner vier Jahrzehnte währenden Karriere angehäuft hat, ist schon beeindruckend. Und die in einem dichten Programm hintereinander zu hören dann doch wieder irgendwie gut. Obwohl der zur Musik passende Fahrstuhl in der Stadthalle gefehlt hat.

Aber derartiger Zynismus war fehl am Platz: Derart viel Wohlwollen schwappte Richie aus dem Publikum entgegen, dass es ohne Zweifel ein erfolgreiches Konzert war. Und wer das nach so vielen Jahren und ziemlich lange nach seinem letzten wirklichen Hit immer noch auslösen kann, hat Respekt verdient.

Und, wie ebenso zufrieden wie zeitfern aus dem Publikum ertönte, „Entertainerqualitäten hat der schon. Da kann sich der Rudi Carrell etwas abschauen“. Richie bot auch zwischen den Songs Unterhaltung, wie man sie in Las Vegas oder Disney World erwarten würde. Mit der freundlichen Unverbindlichkeit eines routinierten Casino-Entertainers lobte Richie Publikum („Ich habe niemanden mehr so tanzen sehen seit 1985“) und Stadt – was Publikum und Stadt wohl freute. Machte ein paar Mätzchen mit der Band, sprach ernste Themen wie Krieg und Klima-Erwärung („Ich hoffe, sie finden einmal intelligentes Leben hier auf der Erde“) an und ließ knutschende Pärchen auf die Leinwände projizieren. Das ist ebenso geplant spontan wie gut gemacht.

Das Publikum tanzte, strömte immer wieder von den Sitzplätzen nach vor zur Bühne und wurde vom Stadthallen-Personal wieder zurück zu den Sitzplätzen getrieben. Und den verklärten Gesichtern und der lautstarken Reaktion auf jeden Witz Richies nach zu urteilen, schwelgte so mancher in Erinnerungen an eine Zeit, als „All Night Long“ noch etwas mit dem eigenen Leben zu tun hatte.

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Lionel Richie: Entertainer-Routine und Hit-Stafette
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen