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Liebhaber illegal "überprüft": Gerichtsbedienstete in Wien verurteilt

Eine Gerichtsbedienstete landete ihrerseits in Wien vor Gericht
Eine Gerichtsbedienstete landete ihrerseits in Wien vor Gericht ©APA
Eine als Vertragsbedienstete an einem Wiener Bezirksgericht tätige Frau saß am Freitag auf der Anklagebank im Straflandesgericht. Die Gerichtsbedienstete hatte ihren Liebhabern derart misstraut, dass die heute 46-Jährige diese verbotenerweise über das Abfragesystem der Justiz "überprüfte".

Die Angeklagte missbrauchte in den Jahren 2002 und 2009 jeweils das elektronische Abfragesystem der Justiz (VJ) und recherchierte verbotene personenbezogene Daten. “Ich hab’ den Männern nicht vertraut. Bis heute nicht”, gab die Gerichtsbedienstete zu Protokoll.

Gerichtsbedienstete misstraute Männern zu Recht

Für ihre Verteidigerin war das inkriminierte Vorgehen “verständlich”, zumal dieses “nur aus Verantwortung ihrer Tochter gegenüber” erfolgt sei. Die Alleinerzieherin habe das minderjährige Mädchen “schützen” wollen und “aus Sorge, nicht aus Neugierde” gehandelt.

Auch der erfahrene Strafrichter Peter Liebetreu begegnete der 46-Jährigen durchaus mit Wohlwollen: “Sie waren skeptisch. Wie Frauen halt sind.”

Das Misstrauen der Gerichtsbediensteten war in beiden Fällen gerechtfertigt. Dank der verbotenen Recherche erwies sich, dass Liebhaber Nummer 1, den sie übers Internet kennengelernt hatte, nicht geschieden, sondern verheiratet war. Außerdem war er um fünf Jahre älter als er der Frau vorgemacht hatte. Gegen Liebhaber Nummer 2, der ihr in einer Diskothek begegnet war und dessen Spielschulden die Frau stutzig machten, waren ein Strafverfahren und etliche Exekutionen anhängig.

“Habe mich absichern wollen”

“Ich weiß, dass es nicht schön war”, zeigte sich die Angeklagte reuig, “ich habe mich absichern wollen.” Dass sie allerdings ausgerechnet ihrem Ex-Liebhaber erzählte, was und vor allem mit welchen Mitteln sie über seinen Nachfolger herausgefunden hatte, bezeichnete Richter Liebetreu wörtlich als “dümmer als die Polizei erlaubt”: Der Ex zeigte die Gerichtsbedienstete postwendend an.

Milde Strafe bei Prozess in Wien

So wurde die Frau nun wegen Amtsmissbrauchs verurteilt, wobei das Gericht bei der Strafbemessung beide Augen zudrückte. Unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts kam sie mit drei Monaten bedingt deutlich unter der Mindeststrafe von sechs Monaten davon.

“Ich nehme an, dass Sie daraus gelernt haben”, bemerkte Liebetreu abschließend. “Ich bin gern allein. Ich brauche niemanden”, stellte die Frau trocken fest.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Die Gerichtsbedienstete dürfte damit im Disziplinarverfahren gute Chancen haben, ihren Job nicht zu verlieren.

(apa/red)

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