Liebe Geschichte
Fünf Protagonistinnen, geboren zwischen 1943 und 1995, erzählen vor fünf Wiener Lokalitäten über ihre persönliche Vergangenheitserforschung und -bewältigung. Den einzelnen Orten ist dabei jeweils eine Dekade nach 1945 zugeordnet, weshalb vor den idyllischen Aufnahmen aus dem Gänsehäufel aus dem Off die Nachkriegszeit und die Reintegration der Nazis referiert wird, während etwa das Juridicum die Kulisse für das Versagen der Justiz im Umgang mit den NS-Tätern in den 1960er Jahre bietet.
In den eigentlichen Interviews entfaltet sich hingegen ein persönliches und doch universelles Panoptikum der unbeantworteten Fragen und der Erstarrung innerhalb der Familien nach dem großen Krieg. “Das Schweigen und das Nichtwissen, das ist die Volkskrankheit”, meint etwa Helga Hofbauer in Erinnerung an ihre Kindheit.
Zugleich leiden viele der Befragten an dem Widerspruch zwischen dem geliebten Privatmenschen, den man als Mutter oder Vater kannte, und dem Bewusstsein, dass es sich hierbei um teils brutale NS-Täter handelte. “Es war für mich kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass sie ein böser Mensch war”, erinnert sich etwa Dietlinde Polach, deren Mutter Aufseherin im KZ Ravensbrück war.
Entsprechend unterschiedlich auch der Umgang der Frauen mit ihren Tätervorfahren. Während einige psychologische Erklärungsmuster für das Verhalten ihrer Väter heranziehen, sind andere noch selbst mit der Aufarbeitung ihres persönlichen Verhältnisses beschäftigt, während wieder andere Zuflucht in der Sozial- und Geschichtsforschung suchen. Gemein ist allen das Hin- und Hergerissen-sein zwischen Aufklärungswillen und der Angst vor der Erkenntnis.
Wirklich ins Stocken geraten die meisten Interviewten nur bei einer Frage von Klub Zwei, wie sich die Künstlerinnen Jo Schmeiser und Simone Bader nennen: Derjenigen, ob man sich selbst als Täternachkommen bezeichnen würde. (APA)