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Libyen: Verwirrung um angebliches Rückzugsangebot Gaddafis

Die libysche Regierung hat Medienberichte dementiert, wonach Machthaber Muammar al-Gaddafi den Rebellen hinter den Kulissen ein Treffen angeboten habe.
Gaddafis Rücktritts-Bedingungen
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Grafik: Das ist der Gaddafi-Clan
Gaddafi bietet Rücktritt an
Darin sollte es um einen Rücktritt gegen Garantien gehen. Derartige Behauptungen seien “dummes Zeug”, sagte ein Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Tripolis. Zuvor hatte der oppositionelle Nationalrat erklärt, dass er Verhandlungen Gaddafi ablehne. Gaddafi solle einfach “verschwinden und das Blutbad beenden”, sagte ein Sprecher des Gremiums. Der Präsident des Nationalrats, Mustafa Abdel Jalil, führte aus, eine Gruppe von Anwälten aus Tripolis habe am Montag angeboten, bei Gesprächen mit Gaddafi zu vermitteln, der Rat habe dies jedoch abgelehnt.

Ein Sprecher der Aufständischen sagte dem britischen Sender BBC, es habe “indirekte Kontakte” gegeben, aber solange Gaddafi die Kampfhandlungen nicht stoppe, gebe es keinen Spielraum für Verhandlungen. Wie Reuters berichtete, stellte Jalil Gaddafi am Dienstagnachmittag ein Ultimatum: Man werde Gaddafi nicht strafrechtlich verfolgen, wenn er binnen 72 Stunden zurücktrete, sagt der Nationalratspräsident der Rebellen gegenüber dem TV-Sender Al-Jazeera.

Indes startete Gaddafi eine neue Militäroffensive gegen die Aufständischen in mehreren libyschen Städten. Kampfflugzeuge flogen Angriffe auf Stellungen der Aufständischen in Ras Lanuf, wie Al-Jazeera am Dienstag berichtete. Gefechte wurden auch aus Misrata (Misurata) gemeldet, Al-Zawiya (Al-Sawija) lag unter Artilleriebeschuss. In der ostlibyschen Metropole Benghazi (Bengasi) wurde auf ein von Journalisten bewohntes Hotel ein Anschlag verübt. Unbekannte warfen eine Handgranate in das Hotel. Der Sprengkörper flog durch ein Fenster und explodierte in dem Gebäude, berichteten Augenzeugen. Bei dem Anschlag wurde niemand verletzt.

Die EU-Länder arbeiten indes auf weitere Finanzsanktionen gegen Libyen hin, die auch den milliardenschweren Staatsfonds des Landes ins Visier nehmen. Die Mitgliedstaaten verständigten sich auf Expertenebene im Grundsatz auf eine Liste “mit mehreren juristischen Personen”, die von den neuen Maßnahmen getroffen werden sollen, wie ein EU-Diplomat am Dienstag in Brüssel sagte. Die Sanktionen zielen demnach auf fünf wirtschaftliche Einheiten, darunter die libysche Zentralbank sowie den libyschen Staatsfonds Libyan Investment Authority (LIA), die beide an der italienischen Bank-Austria-Mutter UniCredit beteiligt sind.

Damit die Sanktionen gültig werden, sind weitere Beschlüsse nötig, die noch in dieser Woche erwartet werden. Am Freitag kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel zur Lage in Libyen zusammen. Diplomaten erwarten, dass an diesem Sondergipfel die Sanktionen verschärft werden. Dabei soll es um das Einfrieren des Vermögens libyscher Firmen gehen.

Die NATO hält sich für ein mögliches Eingreifen in dem nordafrikanischen Land bereit. AWACS-Aufklärungsflugzeuge sollen die militärischen Aktionen des Gaddafi-Regimes nun rund um die Uhr überwachen.

Paris und London wollen mit einer Resolution im Weltsicherheitsrat die Einrichtung einer Flugverbotszone gegen die libysche Luftwaffe durchsetzen. Ein entsprechender Entwurf soll noch in dieser Woche im Sicherheitsrat eingebracht werden. Auch mehrere österreichische Europaabgeordnete haben sich unter Bedingungen für die militärische Durchsetzung einer Flugverbotszone ausgesprochen. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, und der sozialdemokratische Fraktionsvize Hannes Swoboda sagten am Dienstag in Straßburg, Voraussetzung dafür wäre ein UNO-Mandat, die Unterstützung der Arabischen Liga und afrikanischer Organisationen sowie der Wunsch der libyschen Bevölkerung nach einem solchen Schritt.

Vizekanzler Josef Pröll (V) teilte nach dem Ministerrat in Wien mit, dass die österreichische Bundesregierung eine halbe Million Euro für die Versorgung von Flüchtlingen aus Libyen zur Verfügung stellen werde. Entsprechende Mittel werden aus dem Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt. Die eine Hälfte der Summe geht an das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, die andere an die IOM (International Organization for Migration).

Den Rebellen im Osten des Landes droht inzwischen das Benzin auszugehen. Es gebe nur noch Treibstoff für eine Woche, berichtete die in Dubai erscheinende Tageszeitung “Gulf News” unter Berufung auf einen Beamten der Rebellenführung in Benghazi. Der Osten Libyens ist zwar reich an Erdöl und verfügt auch über eigene Raffinerien, doch diese stellten wegen der anhaltenden Kämpfe zwischen Aufständischen und Regimetruppen ihre Produktion weitgehend ein.

Die US-Regierung erteilte den Forderungen nach Waffenlieferungen an die Gegner Gaddafis vorerst eine Absage. Das Weiße Haus in Washington teilte mit, es diskutiere mit der libyschen Opposition auf “verschiedenen Kanälen”. Regierungssprecher Jay Carney sagte, Waffenlieferungen an die Rebellen sei eine der Möglichkeiten, die erwogen würden. Es wäre allerdings “verfrüht, einen Haufen Waffen an ein Postfach im Osten Libyens zu schicken”, fügte er hinzu.

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