AA

Libyen übernimmt Verantwortung für Lockerbie

Libyen hat offiziell die Verantwortung für den Flugzeug-Anschlag von Lockerbie im Jahr 1998 übernommen und damit den Weg freigemacht für eine Aufhebung der internationalen Sanktionen.

Die libysche Regierung reichte am Freitagabend (Ortszeit) ein entsprechendes Schreiben beim UNO-Sicherheitsrat in New York ein. Am Mittwoch hatte sie sich zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar (2,40 Mrd. Euro) für die Hinterbliebenen der Lockerbie-Opfer bereit erklärt. Großbritannien und die USA erklärten daraufhin, der Aufhebung der nach dem Anschlag gegen Libyen verhängten UNO-Sanktionen zustimmen zu wollen.

„Libyen hat als souveräner Staat die gerichtliche Verfolgung der zwei Verdächtigen für den Anschlag auf den Pan-Am-Flug 103 im Jahr 1988 ermöglicht und akzeptiert die Verantwortung für die Handlungen seiner Amtsträger“, heißt es in dem vom libyschen UNO-Botschafter Ahmed Own gezeichneten dreiseitigen Schreiben wörtlich. Außerdem betont Tripolis seine „Verpflichtung, im internationalen Kampf gegen den Terrorismus kooperativ zu sein“.

Das Schreiben mache deutlich, dass Libyen die Bedingungen für eine Aufhebung der UNO-Sanktionen erfüllt habe, sagte der britische UNO-Botschafter Emyr Jones Parry. Eine entsprechende Resolution solle am Montag in den Sicherheitsrat eingebracht und „sehr bald“ zur Abstimmung gestellt werden. London und Washington bestätigten in separaten Schreiben an den UNO-Sicherheitsrat, dass Libyen die Bedingungen für ein Ende der Strafmaßnahmen erfüllt habe.

Der libysche Brief war Teil eines zwischen den USA, Großbritannien und Libyen ausgehandelten Plans, der dem nordafrikanischen Staat 15 Jahre nach dem Bombenanschlag auf das Flugzeug über dem schottischen Lockerbie den Weg zurück in die internationale Gemeinschaft ebnen soll. Der Vereinbarung zufolge muss Libyen die Verantwortung für den Anschlag anerkennen, den Familien der 270 Opfer Entschädigungen zahlen, dem Terrorismus entsagen und bei künftigen Ermittlungen kooperieren.

Das US-Außenministerium schränkte allerdings in einer Erklärung ein, dass die bilateralen Sanktionen der USA gegen den nordafrikanischen Staat – darunter ein Importverbot für Öl – von der UNO-Entscheidung nicht betroffen wären. Libyen sei nämlich weiterhin ein Staat, der als Unterstützer des Terrorismus zu gelten habe, hieß es in der Erklärung des Außenministeriums weiter. Man sei besorgt über die mögliche Entwicklung von Massenvernichtungswaffen durch Tripolis, das Fehlen demokratischer Institutionen sowie die „zerstörerische Rolle“ Libyens in regionalen afrikanischen Konflikten.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan sagte unterdessen in Helsinki, er gehe nicht davon aus, dass Frankreich im Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Aufhebung der Sanktionen gegen Libyen einlegen werde. „Ich wäre überrascht, wenn es (Frankreich) so weit gehen würde“, sagte Annan. Das französische Außenministerium hatte nach der Einigung Libyens mit den Angehörigen der Opfer des Lockerbie-Anschlags erklärt, im „Sinne der Fairness“ erwarte sein Land auch Entschädigungszahlungen für die Familien der 170 Opfer eines Anschlags auf ein Flugzeug der französischen Gesellschaft UTA im Jahr 1989, für den ebenfalls Libyen verantwortlich gemacht wird.

Beim Anschlag auf eine Pan-Am-Maschine über der schottischen Ortschaft Lockerbie waren im Dezember 1988 alle 259 Insassen und elf Menschen am Boden ums Leben gekommen. Mit den Sanktionen erhöhten die Vereinten Nationen 1992 den Druck auf Libyen, die mutmaßlichen Attentäter auszuliefern. Die Strafmaßnahmen schließen ein Verbot von Waffenexporten nach Libyen und den Stopp von Flugverbindungen ein. Nach der Auslieferung eines verdächtigen libyschen Geheimagenten wurden die Sanktionen im Jahr 1999 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Der Angeklagte wurde 2001 von einem schottischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt, ein zweiter Libyer wurde freigesprochen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Libyen übernimmt Verantwortung für Lockerbie
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.